cf. Colacogloea - ich komme nicht weiter...

#1
Servus beinand,

ich habe heute beim Gassigehen mit dem Hund und ohne Kameraausrüstung einen interessanten Pilz an (höchstwahrscheinlich) Quercus gefunden - Ast, am Boden liegend, Holz bereits sehr weich, aber teils noch mit Borke. Rein makroskopisch unter der Lupe (die hat man ja immer dabei) dachte ich, eine Stypella gefunden zu haben.
Leider hatte ich nur mein Handy dabei, wobei ich das jetzt mal austesten konnte, also dessen Kamera. Ich habe auch durch die Lupe fotografiert:
colacogloea_cf_01.jpg
colacogloea_cf_02.jpg
(bei dem grünen Becherling hatte ich einen Verdacht, aber er ist noch völlig unreif, keinerlei Sporen...) Ich habe gelb eingekringelt, wo Wirt und Parasit gemeinsam zu sehen sind - rechts unten im Hintergrund sieht man den größeren, reifen Fruchtkörper (aber auch da noch jung) von Sistotremastrum suecicum)

Jedenfalls bilden sich gallertige, cremeweiße Pusteln, die zu einer gyrösen Masse verschmelzen. Im Gelände habe ich noch nicht auf den potentiellen Wirt geachtet, da ich nicht von einer Colacogloea ausging.

Daheim im Mikroskop fielen sofort die auricularioiden Basidien auf. Also kam ich in Gedanken gleich auf Helicogloea, da ich Saccoblastia nicht so gallertig kenne. Und dann sah ich die Schnallen und ich suchte vergeblich nach den Säcken an Probasidien.
colacogloea_cf_03.jpg
Auffällig war zudem, dass die Basidien mal relativ gestreckt daherkamen, mal eingebogen, aber manchmal extrem verwurschtelt, quasi verknotet. Die vegetativen Hyphen waren relativ dünn, so um die 2 µm dick, aber es gab immer wieder Bereiche mit viel breiteren, teils gewundenen, teils normal aussehenden Elementen. Manchmal sieht man auch, dass sich eine relativ dicke Hyphe um eine sehr schmale Hyphe komplett herumwickelt. Zudem sieht man immer wieder Vesikel oder wie Flaschenbäuchen aussehende Strukturen, die einen auffallenden, großen Öltropfen in sich tragen.
colacogloea_cf_04.jpg
Die Basidiosporen messen (n = 15) 7,25-8,7-10,25 x 4,75-5,5-6,0 µm (auf Viertelmikrometer gerundet); Q = 1,3-1,57-1,8

Die Sporen sind auf der einen Seite meist etwas konkav, also insgesamt etwas gebogen, haben einen auffallend großen Apiculus und bildenb auch Sekundärsporen.

Konidien wurden auch produziert - und zwar in großen Mengen, seitlich aus schmalen Trägerhypen sich abschnürend - ich habe meist nur ein bis zwei pro Endzelle gesehen. Die Konidien sind leicht dickwandig, haben oft eine Art kurzen Stiel und werden dann breiter, sind aber auch etwas unregelmäßig ellipsoid. Ich komme so ungefähr auf 5-7 x 3,75-5,25 µm.

Als mir dann dämmerte, dass es eben keine Helicogloea sein kann und wegen der Schnallen auch keine Satelittengattung, während die schnallentragende Gattung Saccoblastia nicht gallertig ist, das also auch nicht möglich ist, sondern ein Mykoparasit, schaute ich nach einem potentiellen Wirt. Und siehe da, an dem gleichen Ast findet sich Sistotremastrum suecicum. Man findet Übergänge von intaktem Fruchtkörpere hin zu befallenen Stellen und am Ende dann nur noch den Parasiten ohne Wirt?!

Suche ich nun bei Colacogloea, kommt man wegen der Konidien, der langen Basidien und dessen breitem Wirtsspektrum schnell auch Colacogloea peniophorae - nur hat der keine leicht allantoiden Sporen. Und bei den Arten mit allantoiden Sporen, die ich in der Literatur gefunden habe, passen die Sporenmaße gar nicht.

Der Fund ist nicht aus Österreich, sondern direkt bei mir - zwischen Jesenwang und Moorenweis, nordöstlich von Moorenweis, Laubwald auf Kalk mit Quercus robur, Fagus sylvatica, Quercus rubra, eingestreut Pinus silvestris und Larix decidua - Wirtschaftswald mit dafür angenehm alten Bäumen und vielen Ästen am Boden.
Zwei weitere Steckerl, die ich angesehen haben, ergaben einmal Lophiostoma compressum (an Fagus sylvatica) und einmal "Phoma" spec. an / auf / in alter Vuilleminia comedens (an Quercus robur-Ästchen), aber da fange ich gar nicht erst an... Ich fand es nett, dass auf der Gammelvuilleminia kleine schwarze Gehäuse waren und nahm es mit. Und dann war es leider doch wieder mal eine Phoma s.l. und nichts sexuelles, eventuell bestimmbares...

Zurück zu dem gallertigen Pilzchen... Ich vermute troitz der Üppigkeit des Fruchtkörpers, dass es eine Colacogloea ist, kann aber im Moment keine Art, die passt finden. Vielleicht bin ich doch in der falschen Gattung? Wer kann mir auf die Sprünge helfen?!

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Re: cf. Colacogloea - ich komme nicht weiter...

#2
Servus, Christoph,

ein spannender und schön dokumentierter Fund! Leider kenne ich mich mit diesen Pilzen aber auch zu wenig aus, um selber etwas dazu beizutragen. Wenn du möchtest, könnte ich aber Viacheslav Spirin kontaktieren und ihn um seine Meinung bitten, vielleicht kann er hier weiterhelfen.

Schöne Grüße
Gernot

Re: cf. Colacogloea - ich komme nicht weiter...

#3
Servus Gernot...

Wenn du möchtest, könnte ich aber Viacheslav Spirin kontaktieren und ihn um seine Meinung bitten, vielleicht kann er hier weiterhelfen.

Aber sowas von gerne! Bitte mach das. Ich schicke den Beleg auch sehr gerne an ihn oder einen anderen Spezialisten (und falls die Spezialisten überarbeitet sein sollten, würde ich ihn nach Spanien zum Sequenzieren schicken).

Liebe Grüße,
Christoph
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