Pilze auf Holz züchten

#1
Hallo liebe Pilzfreunde,

ich möchte wildwachsende Pilze zuhause auf Holz züchten. Ich wäre froh, wenn mir von Euch jemand ein paar Tipps geben könnte,
wie man beginnt etc. etc. und ob ich mir dafür unbedingt ein teueres Buch kaufen muss, wo alles drinnen steht.

Ich stelle mir vor, daß ich zuerst einmal Sporen in der Petrischale zum Auskeimen bringen muss und wenn ich dann Myzel habe,
ich dieses dann ins Holz einbringe, in vorgebohrte Löcher. Aber da sind sicher noch viele Arbeitsgänge dazwischen ...
Mit welchem Holz funktioniert es am besten? Kann man auch an Baumstümpfen probieren? Ich habe voriges Jahr zwei Obstbäume
umgesägt. Die Baumstümpfe würden sich jetzt für so ein Projekt anbieten.

LG
Matthaeus

Re: Pilze auf Holz züchten

#2
Servus Matthaeus,

fürs erste kann ich zumindest mal ein paar Fragen beantworten, vom Wildpilz bis zur Rundholzkultur ist es allerdings ein weiter Weg und einige Angaben zu deinem Projekt müsstest du noch genauer ausführen damit ich dir weiterhelfen kann.

Zur Literatur würde ich jedem „Growing gourmet and medicinal mushrooms von Paul Stamets“ empfehlen, der sich ernsthaft mit der Thematik beschäftigen möchte. Im Internet findest du zwar auch alle relevanten Informationen, allerdings sicher nicht annähernd so gut sortiert und von A-Z durcherklärt

Beim erstellen einer Stammkultur aus Wildfunden würde ich eher zum klonen greifen (steriles Gewebe aus Pilzinnerem auf Agarplatten überimpfen). Die Anzucht aus Sporen ist bei weitem aufwändiger und fehleranfälligen als das klonen

Von Agarplatten würde ich erst mal Substrate auf Sägemehlbasis machen und diese in weiterer Folge zum überimpfen auf rundholz verwenden

Welche Holzarten zielführend sind ist stark abhängig von der Pilzart die du kultivieren möchtest, Obstgehölze sind in jedem Fall nur recht schlecht geeignet für die meisten Arten.
Weiters sind Stämme oder Strünke aus dem Vorjahr definitiv zu alt für eine erfolgreiche Zucht! Je nach Holzart und Jahreszeit hast du etwa 4-12 Wochen Zeit nach der Schlägerung des Baumes. Älteres Holz ist fast immer schon durch andere Pilze besiedelt.

Ich hoffe das hilft mal fürs erste, wenn noch weitere Fragen auftreten kann ich dir natürlich gerne helfen, sofern es die Zeit grade zulässt. Bei mir is grade Ablammungssaison, was immer zu gewissen Zusatzaufgaben führt
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Beste Grüße
Florian
Zuletzt geändert von Florian am 23.04.2019, 18:21, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Pilze auf Holz züchten

#4
Servus Florian,
ja, die Kleinen sind wirklich entzückend!

Also erst einmal vielen Dank für die umfassende Beantwortung meines Anliegens.
Meine Idee ist, daß ich Pilzarten, die optisch was hergeben im kleinen Rahmen vermehre und mich dann zuhause daran erfreue.
Ich habe dabei nicht unbedingt Speisepilze im Auge. Holzabbauer oder Saprobionten werde ich wohl nehmen müssen, aber eben nicht
Trameten, die eh allgegenwärtig sind. Konkrete Arten habe ich momentan noch nicht im Kopf, mein Geschmack geht
in Richtung Tricholomopsis decora, Phyllotopsis nidulans, Leucocoprinus birnbaumii, farbige Pilze, die dann aus dem Grün der Wiese herausleuchten würden. Obstgehölze, nicht nur Buche und Hasel, müssten schon auch gehen, denke ich.
Letztens habe ich kleine rote Blätterpilze in 2 m Höhe auf meinem Walnussbaum gesehen. Es waren aber nur 3 Stück, gerademal fürs
Mikroskopieren und dann bleibt nichts mehr übrig. Wenn ich die vermehren könnte, habe ich gedacht, dann wäre das super.

Ich werde meine Idee noch weiter entwickeln und mich vorerst einmal auf die Suche nach dem Buch von Paul Stamets begeben.

Viele Grüße,
Matthaeus

Re: Pilze auf Holz züchten

#5
Sorry, ich war in Gedanken natürlich gleich wieder bei den "Standard-Zuchtpilzen", bei welchen sich Obstgehölze im allgemeinen schlecht bis gar nicht für den Anbau eignen.
Ganz allgemein gesagt ist natürlich jede Holzart für den Anbau von Pilzen verwendbar, allerdings würde ich stark dazu raten immer möglichst nahe am natürlichen Substrat zu bleiben. Auch bei der Zucht sollte man sich immer die natürlichen Vorlieben und Stärken der jeweiligen Pilzart zunutze machen.

Mit T. decora und P. nidulans hast du zwei Kandidaten die für den Anfang gute Versuchsobjekte darstellen sollten. Beide sollten eigentlich gut zu klonen sein, und nach meiner Einschätzung auch halbwegs anständiges Mycelwachstum zeigen.
Nachdem beide Arten in der Natur eher auf Nadelholz anzutreffen sind, würde ich auch selbiges für Anbauversuche verwenden. Meine Erfahrungen in diese Richtung beschränken sich auf Versuche mit Hericium flagellum und Hypholoma capnoides auf Picea und Abies, nach meiner Erfahrung sollte bei diesen Hölzern jedoch eine etwas längere Lagerzeit vor der Beimpfung eingehalten werden. Frisches Nadelholz kann sich, im Gegensatz zu den meisten Laubhölzern, noch recht gut vor einer Besiedelung durch Pilze schützen.
Fichte sollte am besten noch "im Saft stehend" geschlagen worden sein und 4-6 Monate ohne Bodenkontakt ablagern, Tanne hat auch im tiefsten Winter ausreichend Feuchtigkeit um über diesen Zeitraum bei entsprechender Lagerung nicht auszutrocknen.

Bei L. birnbaumii hättest du wohl am ehesten eine Chance, wenn du besiedeltes Substrat in einem Topf einer gut gedüngten Zimmerpflanze vergräbst. Bei Folgezersetzern ist es meist schwieriger ein passendes Substrat nachzustellen um sie zum fruchten zu bringen.

Beste Grüße

Re: Pilze auf Holz züchten

#6
Lieber Florian,

möglichst nahe am natürlichen Substrat zu bleiben hat sich jetzt bei mir eingeprägt.
L. birnbaumii wird wohl fast immer in Blumentöpfen gefunden, ich habe ihn aber auch
schon im Freien unter einer Palme gesehen, allerdings wieder in seinem Element, dem Topf.
Die Erde hat dort aber nicht viel Dünger gehabt.

Nochmals herzlichen Dank für die wertvollen Informationen!

Viele Grüße,
Matthaeus
cron