Unsichere Telamonien

#1
Hallo,

am vergangenen Samstag hab ich im Hörfeld-Moor ein paar Wasserköpfe gesammelt, die ich bislang höchstens mit Arbeitsnamen versehen konnte. Über Bestätigungen bzw. andere Namensvorschläge würde ich mich freuen, sofern man morphologisch überhaupt Genaueres sagen kann...

Kollektion 1: Am Wegrand unter Salix, Alnus, etwas weiter entfernt eine alte Fichte; Geruch eher unbedeutend, beim Eintrocknen etwas erdig-schärflich, Velum (hell)bräunlich, Sp bis 11 x 6 µm, ellipsoid, eher schwach warzig. Hut mit spitzem Buckel, feinschuppig.

Mit Funga Nordica komme ich zu C. comatus, die Beschreibung und Zeichnung in Favre scheinen ganz gut zu passen. Die ähnlichen C. psammocephalus und C. angelesianus hätten wohl kleinere Sporen. Könnte das wirklich C. comatus sein?
DSC_8742.jpg

Kollektion 2: Am Wegrand unter Picea, auch Salix, Alnus in der Umgebung; Sporenmaße ca. 9–10,5 x 5–6 µm, ellipsoid; Geruch im Schnitt deutlich, irgendwie Risspilz-artig, mehlig, evtl. erdig. Im Feld auffällig durch die ausgesprochen düsteren, dunkel schwarzbraunen Fruchtkörper.

Diese Aufsammlung hätte ich gerne als C. umbrinolens bestimmt, jedoch ist in Funga Nordica noch ein C. carbunculus beschrieben, der im Unterschied zu C. umbrinolens bei Picea wachsen und noch dunkler sein soll – das käme ja hin. Leider hab ich keine Abbildungen von oder weitere Informationen zu C. carbunculus, die Art ist nicht einmal in Index Fungorum enthalten…
DSC_8743.jpg

Kollektion 3: An Bachufer unter Salix; Hyphen der Lamellen- und Stieltrama inkrustiert; Geruch schwach, schwer zu definieren, nicht nach Pelargonium, auch eher nicht süßlich/fruchtig.

Ein graziler Pilz mit weißem, ringförmigem Stielvelum. Man hätte an C. parvannulatus denken können, jedoch steht diese laut FN in der Sekt. Hydrocybe, die keine inkrustierten Stielhyphen haben soll, auch hätte diese Art etwas abweichende Sporen. Die Sporen sind schlank (Breite < 5 µm, Q > 1,7) und sehr schwach warzig und würden so in Form und Größe gut zu C. diasemospermus var. leptospermus passen…
DSC_8730.jpg

Kollektion 4: Am Wegrand unter Picea, Salix, Alnus; Sp ziemlich groß, (breit) ellipsoid, eher schwach warzig, bis 11 x 6,5(7) µm; Geruch recht intensiv, irgendwie erdig-rettichartig, nicht nach Pelargonien, Velum hellbraun.

Wiederum lande ich hier aufgrund der Sporenmaße bei C. comatus. Das Foto in Eyssartier & Roux (Le Guide de Champignons…) zeigt eine bemerkenswerte Übereinstimmung. Wir hatten im Feld schon überlegt, ob diese Kollektion und Kollektion 1 identisch sein könnten, sie wuchsen nämlich nicht weit voneinander. Vielleicht ist tatsächlich beides C. comatus (oder etwas anderes?)?
DSC_8744.jpg

Schöne Grüße
Gernot

Re: Unsichere Telamonien

#2
Lieber Gernot,
Kollektion 1 und 4: Cortinarius comatus könnte passen sowohl für die erste als auch für die dritte Kollektion. Die erste passt gut auf das Bild im Moser/Jülich-Atlas, die zweite auf unseren Fund vom Dürrenstein.

Kollektion 2: Cortinarius carbunculus wurde im Protologue des fünften Teils der Cortinarius Flora Photographica beschrieben und mit zwei Farbtafeln abgebildet.
Ich übersetzte mal den Kommentar zur Art aus der französischen Version: Kleine Art, die mit ihren fast schwarzen Fruchtkörpern und ihrem Lebensraum in ziemlich reichen Fichtenwäldern leicht zu erkennen ist. Nachbar von C. umbrinolens, dessen Geruch stärker, aber ähnlich ist. Letzterer kommt bei Birken vor, seine Sporen sind kleiner und seine Färbungen sind meist dunkler. Sowohl C. umbrinolens als auch C. carbunbulus haben einen eher warm dunkelbraunen Ton mit Tendenz in Richtung rostfarben.
Die Stiele auf dem Foto deiner Kollektion haben für mich einen deutlichen Blauton, das spricht zusammen mit den jung gelblichen Lamellen eher für C. decipiens var. atrocoeruleus. Dieser riecht bisweilen deutlich nach Zedernholz.

Kollektion 3: Vom Foto her erinnert mich diese Kollektion eher an C. albovariegatus oder C. striaepilus. C. diasemospermus hat blass gelbes Velum, hier scheint es jedoch rein weiß zu sein. Die schlanken Sporen würden sonst schon gut passen, der Standort auch, die Färbung ist ein wenig zu rostfarben (falls mein Computer hier überhaupt die richtige Farbe anzeigt). C. striaepilus hat auch relativ schlanke Sporen.

Liebe Grüße,
Irmgard
Dateianhänge
Cortinarius comatus, Dürrenstein, Foto A. Hausknecht
Cortinarius comatus, Dürrenstein, Foto A. Hausknecht

Re: Unsichere Telamonien

#3
Liebe Irmgard,

danke für deine Einschätzungen. :-) Bei Koll. 2 hab ich keine Blautöne am Stiel notiert, vielleicht fehlt mir aber auch noch die nötige Erfahrung mit den feinen Wasserkopf-Farbtönen (Ähnliches gilt wohl auch für die Gerüche)… Cortinarius decipiens var. atrocoeruleus sollte laut Literatur etwas kleinere Sporen haben (< 9 µm Länge), bei var. decipiens wären sie ungefähr im von mir gemessenen Bereich. Es war jedenfalls auffällig, dass die Fruchtkörper sehr zahlreich am Wegrand in der Nähe einer alten, einzeln stehenden Fichte wuchsen und in weiterer Entfernung zu diesem Baum nicht mehr zu finden waren, weshalb ich vermute, dass Picea der Mykorrhizapartner war. Es kann natürlich auch nur Zufall gewesen sein, denn Weiden und Erlen gab es dort überall.

Kollektion 3: Stimmt, das Velum war auch meiner Einschätzung nach eher rein weiß. Zu Cortinarius striaepilus habe ich wiederum kaum Literatur aber eure Beschreibung in der ÖZP 6 weicht leider durch breitere und deutlich warzige Sporen ab. Bleibt also schwierig…

Denkst du, dass genetische Untersuchung der Koll. 2 und 3 weiterhelfen könnten? Wenn ja, würde ich sie dir gerne zuschicken.

Über Cortinarius comatus freue ich mich, besonders häufig scheint diese Art (zumindest in nicht-alpinen Bereichen) ja nicht zu sein.

Schöne Grüße
Gernot