Re: Wiesenzeit - die "Problemfälle"

#16
Lieber Gernot,

wegen des starken Mehlgeruchs und des "fehlenden" Sporenornaments hatte ich Lepista als mögliche Lösung wohl zu schnell verworfen.
Habe sie bisher nur in Wasser angesehen, mit etwas Farbe haben aber auch meine ungeübten Augen schlussendlich ein leicht warziges Ornament gefunden.

Der Geruch bleibt aber trotzdem irritierend. Gleich daneben wuchsen einige Fruchtkörper von Porpoloma metapodium, deren Mehlgeruch ja auch ziemlich aufdringlich ist, die gezeigte Kollektion hat deren Geruchsintensität aber noch deutlich übertroffen.

Messen kann ich leider immer noch nix... danke des be*** BREXIT hängt meine Strichplatte noch immer irgendwo im Zoll herum (oder hat es noch gar nicht von der Insel runter geschafft??)

Liebe Grüße

Re: Wiesenzeit - die "Problemfälle"

#17
und jetzt kommen noch zwei Kollektionen, die eigentlich schon einen Namen gehabt hätten...
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wegen der HDS (cutis, im Zentrum ansatzweise trichoderm) bleibt, wenn man nach Boertmann geht, ja eigentlich nur C. roseascens über. Jetzt bin ich allerdings in den letzten Tagen über C. radiatus und C. rigelliae gestolpert, die ja angeblich auch eigenständige Arten darstellen, habe allerdings nicht viel an Zusatzinfos zu den beiden Taxa gefunden.

Daher die Frage, ob jemand von euch genauere Infos und Beschriebungen zu den beiden erwähnten Arten hat?

Rosatöne konnte ich bei beiden Kollektionen nicht wirklich wahrnehmen, allerdings muss das nichts bedeuten. Speziell in diesem Farbbereich steht mir meine Rot-Grün-Schwäche leider immer wieder mal im Weg.
Auffällig war in beiden Fällen der stark durchscheinend geriefte Hut, von dem ich bei C. roseascens noch nichts gelesen habe.

Liebe Grüße

Re: Wiesenzeit - die "Problemfälle"

#18
Lieber Florian,

schau vielleicht die Sporen der Lepista auch noch in Melzers an, ob sich da irgendeine Reaktion zeigt.

Es ist momentan ungeklärt, ob C. radiatus und C. rigelliae tatsächlich eigenständige Arten sind. Der Name Hygrocybe radiata wurde in der Vergangenheit sehr unterschiedlich interpretiert und auch für C. roseascens angewandt, im Sinne der Originalbeschreibung dürfte dieses Taxon aber in den Umkreis von C. colemannianus gehören (oder mit diesem identisch sein).
Zu H. rigelliae schreibt Ludwig ja selber "muss z. Z. als ungeklärtes Taxon angesehen werden".
Zu dem Thema habe ich hier (S. 16–17) auch schon mal einen kurzen Text geschrieben.

Die Rosatöne können bei C. roseascens schon mal fehlen, die Hutschuppen sind auch nicht immer eindeutig vorhanden – am besten aber zu beobachten, wenn der Hut eintrocknet. Du kannst dich ja sicher noch an die Pferdekoppel beim ARGE-Seminar in Semriach erinnern, dort wächst C. roseascens an zahlreichen Stellen, sodass man wunderbar die Variabilität beobachten kann. Gestreifte Hüte sind ebenfalls nicht ungewöhnlich und werden auch von Ludwig so erwähnt bzw. gezeichnet. Ein paar Vergleichsfotos von verschiedenen Kollektionen, die ich für C. roseascens halte:
2019-08-30-ARGE - Semriach - 25. - 31. August 2019-0113.jpg
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2019-08-31-ARGE - Semriach - 25. - 31. August 2019-0134.jpg
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2019-10-06-Stradner Kogel, Hauspflegerwiese-0006.jpg
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2019-10-06-Stradner Kogel, Hauspflegerwiese-0008.jpg
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2019-10-20-Rötschgraben - Semriach-0019.jpg
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2019-11-02-Pleschberg - Sausal-0028.jpg
.
Deine Fruchtkörper sind nicht mehr sehr frisch bzw. anscheinend stark durchfeuchtet, da fällt mir eine Einschätzung schwer, aber nachdem die Mikroskopie passt (auch die Sporenform?), könnte das schon für C. roseascens hinkommen.

Schöne Grüße
Gernot

Re: Wiesenzeit - die "Problemfälle"

#19
Lieber Gernot,

Sporen der Lepista bleiben in Melzers unverändert.



vielen Dank für die Zusatzinfos zu Cuphophyllus... schön wenn's zur Abwechslung mal doch so "einfach" ist wie ich mir ursprünglich dachte

Leider habe ich C. roseascens seit Semriach zwar schon ein paar Mal, aber nicht mehr in größerer Anzahl gefunden und damals aus Unwissenheit noch nicht so genau untersucht, bzw. auf die Variationsbreite geachtet.
Ansonsten passen die Kollektionen (auch was die Sporenform betrifft) gut zu C. roseascens.

Wie du richtig erkannt hast, waren beide Kollektionen stark durchnässt und die Bilder sind auch von mäßiger Qualität. Etwas angetrocknet waren die Hutschuppen (bzw. die Ansätze von Schuppen, in Form kleiner Erhebungen) aber schon mit freiem Auge deutlich erkennbar.
Die Stieloberfläche und auch der Farbverlauf am Stiel sind mMn gute Anhaltspunkte im Feld, auch wenn die Hutoberfläche bei stark durchfeuchteten Fruchtkörpern nur schwer zu beurteilen ist.

Liebe Grüße

Re: Wiesenzeit - die "Problemfälle"

#20
Grüß euch,

jetzt gehen mir langsam die restlichen "Bestimmlinge" aus und ich habe keine Ausrede mehr, mich vor den Entolomen zu drücken.

Entoloma cf. occultopigmentatum var. occultopigmentatum

H: -35mm
S: -100mm, stark weiß überfasert auf grau-braunem Grund, längsfaserig aufgerissen
Ger.+Gesch.: deutlich mehlig
Standort: frische Almwiese, ca. 780m

HDS: cutis, bestehend aus recht langen, dünnen und zylindrischen Hyphen; Pigment intrazellulär, nicht sonderlich markant ausgeprägt
Sporen: 5-6 eckig, subisodiametrisch, eher klein-mittelgroß (für eine Entoloma)
Schnallen: an Basidien und L-Trama häufig und deutlich erkennbar, in HDS und H-Trama keine gefunden
L-Schneide: fertil, keine Cheilos
Basidien: hauptsächlich 4-sporig

Geschlüsselt nach FE5A gelange ich zu E. occultopigmentatum

Liebe Grüße
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Re: Wiesenzeit - die "Problemfälle"

#21
Lieber Florian,

E. occultipigmentatum habe ich selber noch nie bestimmt, muss aber auch gestehen, dass ich solche Kollektionen zu selten mitnehme – meistens landet man ja mit der Kombination von bräunlichem Hut, deutlich silbrig überfasertem Stiel und starkem Mehlgeruch bei E. sericeum. Diesen hätte ich daher zunächst mal in Erwägung gezogen, nur müsste da inkrustierendes Pigment vorhanden sein. Wenn du das sicher ausschließen kannst, wäre E. occultipigmentatum wohl eine gute Wahl.

Schöne Grüße
Gernot

Re: Wiesenzeit - die "Problemfälle"

#22
Lieber Gernot,

danke für den Hinweis, genau bei dem Punkt war ich mir eben unsicher, ob wirklich kein inkrustiertes Pigment vorhanden ist, oder ob ich es einfach nicht finde.

Ich hab von den braunen Rötlingen bisher komplett die Finger gelassen, aber wenn die E. sericeum so häufig ist, dann hab ich vermutlich ganz einfach noch nicht gut genug gesucht. Werd ich mir am Abend noch mal genauer ansehen.

Liebe Grüße

Re: Wiesenzeit - die "Problemfälle"

#23
Grüß euch,

wie erwartet habe ich das inkrustierte Pigment einfach nicht gefunden. Bei einem jungen Fruchtkörper hab ich es dann auch ganz deutlich gesehen.


Bei der nächsten Kollektion bin ich mir mal ziemlich sicher... die Merkmale sind ja doch allesamt recht markant

Entoloma henrici

H: bis 50mm, samtig, nicht hygrophan
Standort: extensiv genutzte Schafkoppel

HDS: hymeniderm, aus keuligen Elementen aufgebaut, Pigment intrazellulär
Sporen: (sub-)isodiametrisch, 5-6 eckig
Basidien 2-sporig
weder Cheilozystiden noch Schnallen vorhanden

Liebe Grüße
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Re: Wiesenzeit - die "Problemfälle"

#24
Lieber Florian,

gut, dass du das inkrustierende Pigment doch noch finden konntest. Entoloma sericeum wird dir sicher noch öfters begegnen, auch an etwas feuchteren und nährstoffreicheren Standorten.

Gratuliere zu dem Fund von E. henrici, die Art würde ich sehr gerne mal sehen.

Schöne Grüße
Gernot

Re: Wiesenzeit - die "Problemfälle"

#25
nochmals zu
>> Hygrocyybe rigelliae ( ÖZP 24-2015) beschrieben [ > von der Hauspflegerwiese , nach Wiederauffinden der schon vorher etliche Male, so auch von H. Aigner & D. Prelicz 1998 (in GJO als H.radiata)….> siehe den Text der Publikation 2015
Eine Synonymie oder Verwerfung der Art wäre möglich:>
? Verwerfung der Art gem. Internationaler Code der Nomenklatur für Algen, Pilze und Pflanzen
? Synonymisierung gemäß einer Publikation:………. ? mit Typenvergleich
? persönlicher Vergleich des Fundes WU 36532 mit dem Typusmaterial von H.roseascens
? molekulargenetische Untersuchung des Materials im Vergleich mit authentischem roseascens
Material

Ich verweise auf meine Aussagen in Funga Austria, wobei ich nicht die Identität des Gernot –Materials ebenda Stainz , mit unserem , sondern die Ähnlichkeit und denselben Fundort erwähnt habe. Sein junges Ex. ist ungerieft und rötlichbraun.> roseascens
Sein Bild wie auch alle seine anderen Fotos in Funga Austria zeigen meist kleine braun/rosa getönte Fkp. mit weißen Lamellen.> roseascens

Alle, auch wahrscheinlich nicht konspezifische Beschreibungen als H.rigelliae in der Lit. hat Ludwig 2004 (Feddes Rep.) in 7 Seiten ausführlich diskutiert, mit dem Schluss , dass es sich um 2 veschiedene Arten handelt und darauf auch seine Umkombination auf H.rigelliae (Vel.) Ludwig begründet. Somit muß seine Aussage (2012) : “muß zur Zeit als ungeklärtes Taxon angesehen werden“ , zitiert auch in Friebes & al. > Joannea Botanik 16-2019 auf Grund des Artikels in ÖZP 24-2015 als überholt angesehen werden. s.u.

Von dem Fund der Steirer 1998 habe ich das Bild= ident zu unserem, eingesehen.
Dass sie den Pilz zuerst als lacmus, dann als radiata (ss. Boertmann 1995, von Boertmann 2010 als Fehlbestimmung verworfen> bei Nachuntersuchung 4 von 5 ähnlichen Belegen als sp. !!! revidiert, wohl die ihm unbekannte rigelliae, und 1 Beleg roseascens), 2015 von Piltaver als flavipes bestimmt wurde (w.grauen Lamellen?), zeigt dass es sich um einen bläulichgrauen, grauvioletten , nicht ausbleichenden und keinesfalls rosa Pilz gehandelt hat.
Ich stelle in Zweifel, dass generell von jemandem bisher in die Publ. von Velenovsky,( Orginalbeschr.- Kopie in Candusso ) oder Ludwig 2004 Einisicht genommen wurde.

Merkmal A rigelliae B roseascens Beleg WU 36532
Hutfarbe grau,fast violett graubraun-ockerlich-rosa A grau mit violettem Ton
Hutfarbe Exsikkat blaß lila (trocken- Herink) rosalich grau
Hutgröße 2-3cm 0,7-1,6cm A 3-4cm
Hut-Bekleidung glatt, schwach glänzend, dunkler faserig gestreift, Zentrum mit spitzer Warze trocken, filzig-/schuppig A glatt, faserig gestreift, Mitte mit Warze
Hutbeschaffenheit durchscheinend gerieft 0-max 1/2 gerieft A 3/4 gerieft
Stielfarbe graulich weiß, schwach grau, oben rosa hell (creme)graulich
Stieldicke 0,3-0,4 cm 0,1-0,2 cm A 0,4cm
Stielstruktur längsfaserig faserig übersponnen A fein längsrillig

Lamellenfarbe grau fast weiß A grau
Lamellenstruktur nicht anamostisierend, bogig herablaufend, am Grund quergeadert am Grund anastomisierend (?) , mäßig herablaufend A weit herablaufend, am Grund queraderig, nicht anastomisierend, Lamelletten
Fleisch graulich schwach graulich blaß
Sporen 7-8µm 5-7,5x 4-6 5,5-7,5 x 5-6,8
Sporen Qu. 1,0? 1,1-1,25 A 1,05-1,15
Huthaut Struktur Trichoderm (Bon) Kutis-Trichoderm trichodermal
Habitat Eichenwald im Gras moosige Wiesen Auwald A unter Eiche im Gras


Schlußfolgerung: auf der Hauswiese Stainz können wohl beide Arten vorkommen, der Beleg WU36532 kann keinesfalls H.roseascens sein.
Wie in meinem Kommentar in Funga Austria wäre bei (unwahrscheinlicher) Synonymie H.rigelliae der ältere und somit gültige Name.

Liebe Grüße

Wolfgang

Re: Wiesenzeit - die "Problemfälle"

#26
Lieber Wolfgang,

herzlichen Dank für deine weiteren Erläuterungen. Diese kleinen, schuppigen Cuphophyllus-Kollektionen werde ich mir zukünftig wohl noch etwas genauer ansehen müssen.




Gestern hab ich endlich mal wieder etwas Zeit gefunden um mir ein paar Kollektionen anzusehen.

Neben einigen abzusichernden Funden ohne Überaschungen kam noch foldender Rötling unters Mikro. Hier dürfte es sich wohl um E. atrocoeruleum handeln.


Standort: 520m, Mähwiese auf Kalkschotter, in Gesellschaft von E. bloxamii, N. ingrata...
Hut bis 30mm, Stiel bis ~60mm
Geruch und Geschmack unauffällig

HDS: trichoderm, zum Rand in cutis übergehend, relativ kurze, dicke Endzellen, Pigment intrazellulär, teils als Granula, teils gelöst
Sporen: 4-6(7)-eckig, eher unregelmäßig
Basidien (2)4-sporig, keine Schnallen
Schneiden fertil

Beste Grüße
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cron