Peziza badioconfusa

#1
Liebe Wien- und Ascomyceten-Spezialisten,

gestern fand ich im Wienerwald in Wien zwischen Kreuzeichenwiese und Heuberg im Buchenwald mit eingestreuten Eichen sehr schöne große Exemplare von Becherlingen, vermutlich Peziza badia.

Substrat: Fagus, in einer dünnen Laubschicht; in einem eher nährstoffarmen; leicht überflächlich angesauerten Bereich (typischer Standort für Boletus reticulatus mit moosigen Bereichen in der Umgebung)
Größe der Fruchtkörper bis 15cm
Habitus und Farben: siehe Fotos
Außenseite leicht kleiig
Dicke der Fruchtkörper 2-4mm
Geruch: pilzig-säuerlich (genaus so wie Xerocomellus/Rotfußröhrlinge)
Sporen: 17-21ym x 9-11ym, Ascii 8-sporig
leichte Ornamentierung und Granulierung der Sporen erkennbar (sofern ich das Bild richtig interpretiere)
keine Paraphysen

Mit Lugol keine sichtbare Reaktion. Das dürfte aber daran liegen, dass ich nicht mit KOH und ohne Erhitzung gearbeitet habe. Im Mikroskopier-Leitfaden des Tintlings steht, dass die Reaktion nur sichtbar wird, wenn man mit einem Bunsenbrenner erhitzt etc.

Eigentlich spricht alles für Peziza badia. Was mich unsicher macht ist, dass der Pilz in Wien und im ganzen Wienerwald nicht kartiert ist und der Standort auf Nicht-Silikatboden (in der austria.mykodata wird der Pilz auch als Netzsporiger Silikat-Boden Becherling bezeichnet). Für Peziza arvensis (Buchenwald-Becherling) passen die Farben und die Sporengröße nicht). Was gäbe es sonst noch?

Freue mich über eure ExpertInnen Meinung!

LG Christian
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Zuletzt geändert von christian-ap am 23.05.2019, 16:23, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Peziza cf. badia

#2
Lieber Christian,
die Jodreaktion funktioniert meiner Erfahrung nahc mit Melzer auch ohne KOH und ohne Erhitzen ganz gut. Die ganze Ascusspitze wird blau. Paraphysen sind sicher da, nur bisweilen stehen die Asci so dicht, dass sie diese gänzlich verdecken, dann vorsichtig ein bisschen mehr Druck aufs Deckglas bzw. noch weniger Material mikroskopieren, dann wird das Präparat flacher und man kann die Elemente besser separieren. Leider sind die Sporen noch nicht ganz reif. Bei Ascos kann man erst die aus dem Ascus entlassenen Sporen bezüglich ihrer Ornamentation als eindeutig werten. Dein Becherling passt sehr gut auf P. badioconfusa, die hat unregelmäßig fein warzige Sporen, P. badia müsste netzartig ornamentierte Sporen haben. P. badioconfusa wächst derzeit auch grad im Wienerwald.

auf https://www.dgfm-ev.de/publikationen/ei ... /download kannst du dir den Peziza-Schlüssel von Hohmeyer runterladen, nicht mehr ganz neu, aber immer noch gut.
LG
Irmgard

Re: Peziza cf. badia

#3
Hallo in die Runde,

charakteristisch für die von Irmgard vorgeschlagene Peziza phyllogena=badioconfusa ist übrigens auch das violette Fleisch. Dieses ist besonders im Querschnitt gut zu sehen, ich meine es beim ersten Fruchtkörper aber auch links im Bild bei den Fraßspuren zu erkennen.

Schöne Grüße
Gernot

Re: Peziza cf. badia

#4
Vielen Dank Irmgard und Gernot für die Unterstützung!

Habe noch einen Sporenabdruck gemacht und den Pilz nun zwei Tage später nochmals mikroskopiert. Die Sporen sind nachgereift und man sieht schon die Ornamentierung.
Jodreaktion ist auch ohne KOH und kalt sichtbar. Paraphysen erkennbar (Bilder).
Fleischfarbe rot-braun-violett.
Peziza badioconfusa=phyllogena ist nun sicher bestimmt.
Nach meinen Büchern wäre ich nie auf P. badioconfusa gekommen.

Besten Dank nochmals für die Mikroskopier-Tipps und den Schlüssel-Link.

Christian
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Re: Peziza badioconfusa

#5
Eine kleine Diskrepanz im Schlüssel von Hohmeyer möchte ich nachträglich (für weitere Bestimmungen) noch festhalten:

Dort werden die Sporen mit zwei Öltröpfchen beschrieben.

Diese waren aber bei meinem Pilz im Mikroskop nicht erkennbar. Auch in anderen Beschreibungen von P. badioconfusa=phyllogena wird der Pilz ohne Öltröpfchen beschrieben, z.B. auf https://www.lorcheln.de/peziza-phyllogena/
(Vielleicht wären Öltröpfchen bei jungen Sporen sichtbar).