Gespinste auf Entoloma cf. clypeatum

#1
Hallo Allseits,

letzten Samstag fand ich bei Niederolberndorf im Weinviertel zum Weg auf den Glockenberg eine schöne Kollektion von Entoloma. Nach Fungi Nordica müsste es sich dabei um eine sehr helle Version von Entoloma clypeatum handeln. Gujak-Test nach Gröger konnte ich mangels Verfügbarkeit von Gujak nicht durchführen und die Details der Huthaut habe ich nicht untersucht, was die Bestimmung etwas unsicher macht. Die Gattung Entoloma scheint ja ein insgesamt sehr unsicherer Grund zu sein.....

Nun zur eigentlichen Frage an das Forum: Zwischen den Lamellen zeigten sich Fäden, von denen ich nicht sicher bin, ob sie dem Pilz zuzuorden sind oder es sich um einen Schimmelbefall o.a. handelt. Habe so etwas noch nie gesehen und würde mich über Hinweise freuen. Hier die Bilder:
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Interessant an meiner Exkursion war insbesondere auch, dass sich die Pilze fast immer konzentriert an bestimmten Standorten fanden. Meist 2-4 verschiedene Pilze, die sich einen Standort teilten; oft auch recht ähnliche Pilze (verschiedene Coprinellus-, Psathyrella-, Bolbitiaceae- und Conocbye-Arten, sodass ich als Anfänger ordentlich gefordert bis überfordert war. Zwischen diesen Spots war kaum was zu finden.
Dieses Phänomen habe ich schon sehr oft beobachtet, vor allem Vorjahr auch bei Mykorrhizapilzen und es mir mit mikroklimatischen Bedingungen und Biodiversität erklärt. In einem der Vorpostings von Romana wurde Ähnliches ja schon ausführlich diskutiert.

Manchmal erscheint es jedenfalls so als würden die Myzelien der Pilze kommunizieren und sich gemeinsam an einem Standort entschieden Fruchtkörper zu bilden...(oder sie folgen der Konkurrenz um sich den Standort zu sichern).......?

Irmgard: Pilzeliste mit vielen cf und aff folgt per mail.

Schöne Grüße!

Christian
Zuletzt geändert von christian-ap am 21.05.2019, 10:12, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Gespinste auf Entoloma cf. clypeatum

#2
Hallo Christian
Ich vermute, dass es sich bei den Myzelfäden zwischen den Lamellen nicht um Schimmel handelt, sondern der Pilz wechselt
aufgrund hoher Luftfeuchtigkeit wieder ins vegetative Stadium, genau so wie man es vom Austernpilz kennt, wenn man
einen Fruchtkörper in einen Plastiksack legt und dieser nach kurzer Zeit von weissem Austern-Myzel überzogen ist.
Aufgrund dieses Phänomens beklagen sich ja regelmässig Leute, wenn sie im Supermarkt Austernpilze einkaufen,
dass die Pilze angeblich von Schimmel befallen seien.

Einige der Myzelfäden auf einen Agar-Nährboden zu übertragen würde weiterhelfen, um später makroskopisch und mikroskopisch
beurteilen zu können, um was es sich definitiv handelt.
LG
Gerhard
Zuletzt geändert von Gerry am 21.05.2019, 07:32, insgesamt 2-mal geändert.

Re: Gespinste auf Entoloma cf. clypeatum

#3
Servus beinand,

schwer zu sagen - ich vermute, wenn die Lamellen so zusammenkleben eher einen Schimmel. Ist aber so am Foto schwer zu sagen und Gerhards Vermutung kann ich so natürlich nicht widerlegen.

Was das gemeinsame Auftreten angeht - das kann auch immer eine Scheinkorrelation sein. Wenn die Bodenverhältnisse passen, dort genug Wasser vorhanden ist und sich die Arten ölologisch aus dem Weg gehen, warum nicht auch zeitgleich am selben Ort? Entolomy clypeatum hängt ja an den Wurzeln von Rosaceen. Schildrötlinge bilden da eine besondere Form der Ektomykorrhiza bzw. zwingen wohl eher die Rosaceae dazu - es kann so eine Art Parasitismus sein. Coprinellus-Arten kommen ja eh oft sponaten nach Regen, da kann es Zufall sein. Andere saprobe Arten besetzen vermutlich andere Mikronischen... Statt Kommunikation vermute ich daher eher eine Scheinkorrelation.

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Re: Gespinste auf Entoloma cf. clypeatum

#4
Vielen Dank Gerhard und Christoph für die fachkundige Unterstützung!

Ich dachte am Anfang das Gespinst könnte auch etwas bestimmungsrelevantes, pilzspezifisches sein wie z.b. die Schimmelpilze, die Lactarius befallen. Sich neu auf Pilzen bildendes Primärmyzel sieht man ja immer wieder auch auf Champignons in Folienverpackung. Ich habe es jedenfalls noch nie auf Lamellen von frischen Pilzen gesehen. Egal ob Schimmelbefall oder Primärmyzel, ich habe wieder etwas dazu gelernt.

Scheinkorellationen haben mich beim Pilzen schon öfters in die Irre geführt. In einem Jahr fand ich bestimmte Pilze zeitgleich am selben Standort und nahm an, nächstes Jahr könnte es genau so sein und dann ist alles ganz anders und sie erscheinen unabhängig voneinander am selben Standort zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten. Für mich sind diese Überraschungen aber genau das Interessante, das die Faszination der Pilze ausmacht.

Folgende Pilze hatten sich bei der Wanderung am Glockenberg die Standorte geteilt:

Standort 1, der Rand eines Ackers, in den Stroh eingeackert war:
Drei verschiedene Psathyrella Arten, eine davon Psathyrelle candolleana

Standort 2, im Laubmischwald am Rand eines Weges:
Entoloma cf. clypeatum, Coprinellus micaceus und eine alter Agaricus. Beim Mikroskopieren der Entolma fand ich auch dunkle elliptische Sporen, die wahrscheinlich von Agaricus stammen

Standort 3, eine grasbewachsene Waldlichtung am Wegrand an dem Holzarbeiten durchgeführt wurden:
Bolbitius vitellinus, Conocybe aff. semiglobata

Standort 4, im Mischwald unter Douglasien
Mycena abramsi, Strobilurus cf. esculentus (auf Douglasie), Coprinellus micaceus

Gar nicht leicht, die vielen kleinen braunen Pilze, noch dazu in verschiedenen Altersstadien auseinanderzuhalten.


LG Christian
cron