Zwei weitere Bestimmungsanfragen

#1
Hallo Gernot,

ich komme wieder mit zwei Anfragen. Das erste ist ein fragiler Porling, gefunden auf einem fast finalmorschen Stumpf im Naturschutzgebiet Stockerauer Auen. Der Stumpf stand neben dem Weg einer alten Rosskastanienalle. Substrat ist aber nicht sicher. Könnte auch Esche oder Pappel sein.

Die porlingsartigen Strukturen bildeten sich nur tw. aus. An der Oberseite war nur ein weisser Filz vorhanden, der mikroskopisch mit den porlingsartigen Strukturen ident war. Dahinter am liegenden morschen Stamm fand ich rotbraue Strukturen, die mich an einen alten Schleimpilz oder an Botryobasidium aureum erinnerten. Davon gibt es aber (leider) keinen Beleg. An der Oberseite wuchs Scutellinia crinita auf dem Porling.

Im Mikroskop zeigten sich folgende Strukturen:
Sporen im Mittel ca. 5,75x2,75 ym (n=10), allantoid mit 1-2 Tropfen
Keine Schnallen
Drei Typen von Hyphen:
Lockere baumartige verzweigende Strukturen, ca. 2-3ym breit. Ende scheinbar zT als Basidien ausgebildet
Dichter stehende Hyphen ca. 2-3ym, einige aus den Strukturen herausragend, tw. auch inkrustiert
Locker stehende rechtwinkelig verzweigte Hyphen mit zahlreichen Septen, 3-5ym breit. Daraus (aber da bin ich mir nicht sicher) spalten sich einzelne Konidien ab?

Der Schlüssel in Rivoires Porlings-Monographie führt mich in Richtung Gattung Ceriporia bzw. Riopa.
Für Ceriporia würde C. camaresiana am besten passen. Allerdings sollte hier die KOH-Reaktion grünlich sein. Das war definitiv nicht der Fall, eher ein braun-rosa Ton.

Vieles würde also für Riopa metamorphosa sprechen. Hier habe ich die Beschreibung des Lektotyps von Spirin gefunden:
https://www.researchgate.net/figure/Mic ... _311517555

Könntest du mit deiner umfassenden Erfahrung vielleicht mehr sagen? Hab auch gesehen, du hast C. camaresiana schon mal gefunden. Ich bin mir in der Interpretation der Mikrostrukturen sehr unsicher. Irmgard meinte du kennst sich in diesen Pilzgruppen am besten aus.
Vielleicht ist auch das noch interessant: https://www.flickr.com/photos/fotoculus/46601271722

LG Christian


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Zuletzt geändert von christian-ap am 13.05.2024, 21:58, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Zwei weitere Bestimmungsanfragen

#3
Sistotremastrum cf. suecicum

Bei diesem zweiten Pilz käme ich, wenn ich die Mikro diesmal richtig interpretiere, auf Sistotremstrum suecicum agg., der Schwesterart von S. niveocremeum.
Ev. wäre wahrscheinlich auch die neu beschriebene Sistotrematrum mendax möglich. Deshalb S. suecicum agg.?
Siehe auch: https://link.springer.com/article/10.10 ... 21-01682-z

Substrat: Picea, Unterseite eines Aststückes im Fichtenwald im Wechselgebiet, 1300 SH

Sporen ca. 5x2,5ym
Schnallen +
Basidien: Anzahl der Sterigmen nicht genau erkennbar, dürften aber meist 4-6 sein, Basidien wandartig angeordnet, tw. auch kopfig
Aus dem Hymenium ragen zwischendurch auch dünne Hyphiden heraus. Siehe Diskussion hier: https://www.pilzforum.eu/board/thread/3 ... ütterzahn/

Ich hoffe ich liege nicht wieder ganz daneben. Könnte das diesmal passen?

Danke für die Unterstützung!

Christian

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Re: Zwei weitere Bestimmungsanfragen

#4
Lieber Christian,

der Porling sieht interessant aus. Als einzige Alternative würde mir mit diesen Sporenmaßen noch Ceriporia alba einfallen. Schade, dass die Anamorphe nicht eindeutig vorhanden ist – so müsste man wohl noch im Subirulum nach weiteren Konidien suchen, um die Bestimmung abzusichern (eine mögliche hast du ja abgebildet). Oder nochmals am Standort danach suchen. Eine genetische Untersuchung würde sich m. E. auch lohnen.

Mit 4–6-sporigen Basidien – auf den Fotos sind diese leider nicht zu sehen – würde ich den zweiten Pilz auch wieder in dieser Ecke suchen, und ich denke, die von dir vorgeschlagene Bezeichnung als Sistotremstrum suecicum agg. passt dann gut.

Schöne Grüße
Gernot

Re: Zwei weitere Bestimmungsanfragen

#5
Lieber Gernot,

ich war heute nochmals am Fundort des ersteren Pilzes, der möglicherweise Riopa metamorphosa ist. Leider wurde der Bereich des liegenden Stammes wo die vermutliche Anamorphe des Pilzes drauf war komplett zertreten. Der Platz ist direkt am Weg und stark frequentiert. Substrat ist sicher Rosskastanie.
Jedenfalls habe ich frisches Material mitgenommen und mikroskopiert. Im Subikulum waren diesmal zahlreiche Konidien zu finden. Die eigentlichen Sporen sind eher dort wo der Pilz Poren ausbildet. Eigentlich passt alles ganz genau auf die Beschreibung von Miettinen et. al, soferne ich die Mikro richtig interpretiere.
Vielleicht lässt sich das Material sequenzieren. Vom Lectotyp von Riopa metamorphose ist jedenfalls eine Sequenz hinterlegt.

Deine April-Funde sind wieder ganz toll - eine ganze Menge Ascomyceten, die du gefunden hast.

Schöne Grüße,
Christian
cron