NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#1
Grüß euch,

nachdem ich mich die lezten beiden Winter dann doch noch davor gedrückt habe, kann ich jetzt wirklich nicht mehr aus und werd mich endlich mal in die Porlinge und Rindepilze einarbeiten.

In den nächsten Wochen werde ich einige Zeit im NSG Planwiesn verbringen, weil wir dort Schwendarbeiten durchführen, und nebenbei das reichlich vorhandene Totholz absuchen.
Nachdem meine Erfahrung auf dem Gebiet noch sehr begrenzt ist, werd ich an dieser Stelle regelmäßig meine Funde einstellen, mit der Bitte meine Bestimmungen zu berichtigen bzw. zu bestätigen.

Kurz mal zum Gebiet: Naurschutzgebiet, welches ehemals als Heu- und Streuwiesen genutzt wurde; in den 50ern wurde die Bewirtschaftung eingestellt; inzwischen größtenteils verbuscht und bewaldet, wegen der mageren und trockenen Standorte jedoch immer noch sehr licht und großteils noch mit durchgehender Grasnarbe (vA Molinia); in den nächsten Jahren soll das NSG wieder bis zum Ursprungszustand gerodet und zu Magerwiesen und -weiden umgewandelt werden.
Schon zu Zeiten in denen diese Flächen noch bewirschaftet wurden war eine Überschatung von ca. 10% gegeben, vA durch mächtige und uralte Solitärbäume (viele davon vermutlich schon mehrere Jahrhunderte alt), welche großteils noch erhalten sind und wieder freigestellt werden sollen.
Pinus sylvestris, Fagus, Quercus petraea, Picea, Sorbus aria
Kalk-Rendzina, wärmebegünstigt (S- und SW-exponiert), Gefälle 50-150%
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In den letzten beiden Wochen haben sich schon einige Kollektionen angesammelt, aber im Moment warte ich noch auf die Lieferung von Literatur um ernsthaft mit der Bestimmung beginnen zu können.

einen ersten wohl nicht ganz alltäglichen Fund kann ich aber auch jetzt schon präsentieren.

Phellinus chrysoloma
Sp: breitelliptisch bis subglobos, 4,5-6x4-5µm
4-sporig
Setae pfriemförmig, 40-50x8-11µm
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Liebe Grüße

Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#2
Lieber Florian,

danke fürs Vorstellen dieses interessanten Projektes. Da bin ich schon mal sehr gespannt, welche Holzbewohner dir dort und anderswo unterkommen werden. Phellinus chrysoloma, bei uns eine ziemlich seltene Art, ist schon ein schöner Einstand.
Beeindruckend finde ich die Luftbilder hier, die die Entwicklung des Gebietes in den letzten 60 Jahren zeigen: http://bergwiesn.at/bergwiesen/natursch ... lanwiesen/. Der Wald hat sich wirklich einen Großteil der Fläche zurückgeholt. Und die Forststraßen in der Umgebung sind deutlich zahlreicher geworden.

Schöne Grüße
Gernot

Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#3
Grüß euch,

viele der gesammelten Kollektionen waren leider in unzureichendem Zustand um zu einer Bestimmung zu kommen, aber eine gute Übung war's allemal. Einige bestimmbare waren aber doch dabei, allerdings allesamt eher banale Arten

Phlebia radiata
mit den kleinen Sporen und den keuligen, schlanken Zystiden recht einfach
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Schizopora flavipora
leider ohne Sporen, sollte aber trotzdem klar sein
Substrat: Quercus
Hyphen: monomitisch, mit Schnallen, teils inkrustierte Hyphenspitzen
Paukenschlägel-Zystiden
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Bjerkandera adusta
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Trametopsis cervina
Substrat: Fagus
Hyphen: dimitisch, Skeletthyphen dickwandig, unseptiert, bis 6µm, Generative Hyphen dünnwandig, Septen mit Schnallen
Zystiden: keine (vereinzelte Zystidiolen)
Sporen: 7,5-9,5x2,5-3, leicht gebogen
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...und dann noch eine, bei der ich gerade anstehe

Ganoderma sp.
diese Lackporlinge hab ich an einem schon relativ stark zersetztem Laubholzstrunk (vermutlich Fagus) gefunden. Durch die breit angewachsenen Fruchtkörper, in Kombination mit den großen Sporen (9,5-12x6,5-8), ist mMn alles raus, mal abgesehen von G. australe und G. pfeifferi. Bei den beiden hab ich noch nicht ganz durchschaut, welche Merkmale hier wirklich zur zuverlässigen Trennung herangezogen werden können.
Huthaut: schmilzt nicht, bricht beim eindrücken nur rissig, was also recht eindeutig für G. australe sprechen würde
Schnitt: ausgeprägte weiße Zonen durch frisches Mycelwachstum, sowohl in älteren Teilen des Hymeniums wie auch im Hutfleisch. Nach einigen Quellen sollte G. australe dieses Merkaml eher nicht zeigen, für G. pfeifferi würde das aber wiederum recht gut passen.
Sporen: 9,5-12x6,5-8µm, vergleiche ich Sporengröße & -form mit den Angaben und Abbildungen von Rivoire spricht dies eher für G. pfeifferi, Ryvarden & Melo hingegen geben für G. australe aber deutlich andere Abmessungen der Sporen an, welche sich wieder ganz gut mit meinen Messungen decken würden.
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Liebe Grüße

Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#5
Servus Florian,

2018 hat Irmgard einen Fund von Sabine Flechtmann sequenziert, der sich - wenig überraschend - als Ganoderma valesiacum herausstellte. Was nicht passen wollte war die von mir vermessene Sporengröße nach Ryvarden & Melo.
Den damals rezenten Schlüssel hat mir Irmgard geschickt, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25453909/, diesem folgend passten meine Messungen zum Fund.
Den Ganoderm lucidum Complex betreffend empfehle ich dir den obigen Schlüssel.

Der Beitrag von Sabine in ihrem Forum dazu ist fast wie ein Krimi aufgebaut, https://das-neue-naturforum.de/forum/in ... alesiacum/
Viel Vergnügen beim Lesen,

lgpeter

Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#6
Lieber Genot, lieber Peter,

danke für eure Antworten... die Ganoderma werd ich mir im Sommer nochmal ansehen, muss aus der direkten Umgebung sowieso noch frisches Material einiger weiterer Kollektionen holen.

In letzter Zeit sind leider kaum spannende Funde dazugekommen, weil einerseits die anhaltenden, stürmischen Bedingungen kaum Arbeitseinsätze in dem Gebiet zugelassen haben, und andererseits momentan fast täglich Nachwuchs bei den zukünftigen Bewirtschaftern der Fläche zu verzeichnen ist.
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Neben einer Reihe leicht bestimmbarer, banaler Arten und einigen Kollektionen bei denen ich momentan noch nicht recht weite komme, hab ich mir in den letzten Tagen auch folgenden Fund angesehen.
Oxyporus cf. ravidus
Substrat: Fagus
Poren: 2-3(4)/mm
Hyphensystem: monomitisch
Schnallen: keine
Cystiden: dickwandig, 15-30x4-8µm, teils inkrustierte Spitzen
Sporen: IKI-, 4,5-6x2,5-3,25µm, breitelliptisch bis fast zylindrisch

die Sporen sind mir zwar etwas zu schmal und die Form passt auch nicht ganz, aber eine bessere Alternative als O. ravidus ist mir auch noch nicht untergekommen.
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Liebe Grüße

Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#7
Lieber Florian,

der Porling ist so natürlich schwierig zu beurteilen, aber die Sporenmaße wären tatsächlich etwas sehr schmal für O. ravidus. Zum Vergleich hänge ich hier eine Mikrotafel von O. ravidus an, aus einem gemeinsamen Artikel mit Siegmund Michelitsch, der demnächst in der Joannea Botanik erscheinen wird.
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Vielleicht findet du noch breitere Sporen?

Schöne Grüße
Gernot

Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#9
Lieber Gernot, lieber Thomas,

danke für eure Antworten und die Bilder. Lieder konnte ich mich mit dem Fund bisher nicht weiter beschäftigen (hab ihn wohl versehentlich beim Arbeitsplatz aufräumen mitentsorgt und bin seither nicht mehr am Fundort vorbeigekommen), werd ich aber in nächster Zeit mal nachholen und auch noch ein paar bessere Bilder machen.


Vorgestern hatte ich endlich wieder Zeit für eine kurzen Erkundungstour im Gebiet und hab auch wieder ein paar Kollektionen mitgenommen.


Blick auf die bereits freigestellten Flächen, welche noch in diesem Jahr bestoßen werden
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die Alten "Wiesnbudln" gehen inzwischen schon im angeflogenen Bestand unter, werden aber in den nächsten Wochen soweit freigestellt, dass sie bis zur Rodung der jeweiligen Teilflächen erhalten bleiben sollten.
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Durch den zentralen Bereich des Gebiets zieht sich eine beeindruckende Schlucht mit bis zu 20m hohen Wasserfällen
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... und bevor ich zu den Funden von gestern komme, noch eine Kollektion vom Februar, die mir Gernot bestimmt hat. Dafür nochmals vielen Dank!
Sidera lenis
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Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#10
Daldinia concentrica agg.
inzwischen werden bei den großen Daldinia-Arten ja, wenn ich mich richtig erinnere, mehrere Arten unterschieden. Hat dazu jmd. einen aktuellen Schlüssel zur Hand? Auf die Schnelle hab ich nichts gefunden.
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Datronia mollis
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Cinereomyces cf. lindbladii
Sporen gerade keine vorhanden, Hyphensystem und Basidien würden ganz gut passen.
Skellethyphen lösen sich mit KOH (ca 5%) in Sekundenschnelle komplett auf und bilden eine gelatinöse Masse
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kommt hier noch was anderes in Frage, bzw. gibt es bei uns überhaupt weitere Arten, bei denen sich die Skellethyphen vollständig in KOH lösen?


Liebe Grüße

Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#11
Lieber Florian,

schöne Landschaftsbilder, die Schlucht ist ja auch attraktiv. Also wirklich ein sehr abwechslungsreiches Gebiet!

Für Daldinia ist dieser Artikel zu empfehlen: https://reader.elsevier.com/reader/sd/p ... 0303142402

Sich in KOH auflösende Skeletthyphen sind kein Alleinstellungsmerkmal von Cinereomyces lindbladii, wobei das bei dieser Art schon besonders spektakulär zu beobachten ist. Du könntest auch mal schauen, ob sie (schwach) amyloid sind – wenn ja, würde das ebenfalls für C. lindbladii sprechen. Mit Sporen wär's natürlich leichter. :-)

Schöne Grüße
Gernot

Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#12
Lieber Gernot,

dankefür den Daldinia-Artikel, allerdings werd ich mir die Lektüre für eine etwas ruhigere Zeit aufheben. Scheint ja doch noch etwas komplizierter zu sein als ich erwartet hatte.

Den Porling mit den KOH-löslichen Skellethyphen hab ich mir nun nochmal angesehen, amyloide Skellethyphen konnte ich allerdings nicht erkennen. Was ich vorher noch nicht erwähnt hatte sind die stark inkrustierten Skellethyphen, ist allerdings nur in Wasser erkennbar. Die Inkrustationen lösen sich auch in Melzers +-vollständig auf.

Den Satz "mit Sporen wär's natürlich leichter" lass ich mir bald auf ein T-shirt drucken ;-). Die dankbarste Jahreszeit um mich in die Porlinge einzuarbeiten hab ich mir wohl nicht ausgesucht

Liebe Grüße

Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#13
Grüß euch,

heute war Weginstandsetzung in einer mir bisher noch unbekannten Teilfläche angesagt. Neben einigen Rindenpilzen, über die ich mir aber erst morgen den Kopf zerbrechen werde, konnte ich auch wieder zwei schöne Porlingsfunde verzeichnen

Sidera lenis
an neuem Standort, diesmal an finalfaulem Nadelholzstrunk, vermutlich Pinus sylvestris.
Im Gegensatz zum letzten Fund war dieser schon deutlich reifer und es war auch schon eine nennenswerte Anzahl an Sporen zu finden.
Hyphensystem: dimitisch, generative Hyphen mit Schnallen
Spp: alantoid, 4-5(5,5)x1,5-2µm
Skellethyphen: 2,5-3,5µm
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Phellinus tremulae
Die wenigen mir bekannten Espenvorkommen in der Umgebung hab ich bisher vergeblich nach dieser Schönheit abgesucht. Heute fand ich einen Bestand von ca. 2ha (70+% Populus tremula) in dem fast jeder Stamm von P. tremulae befallen war. Insgesamt war an der Stelle zumindest eine hohe dreistellige Fruchtkörperanzahl zu bewundern.
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Liebe Grüße

Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#14
Grüß euch,

viel spannendes haben die letzten Arbeitseinsätze leider nicht hervorgebracht, aber gestern sind mir zumindest ein paar Schönheiten ins Netz gegangen.

Phlebia radiata
einfach schön, und der Standort war in dem Fall auch etwas speziell. Auf feucht liegenden Ästen und Stämmen ist die Art ja recht häufig, an einem recht trockenen Standort, etwa 5m über dem Boden an einer abgestorbenen Buche hätte ich die Art jedoch nicht erwartet
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Meruliopsis taxicola
in Gebieten mit höherem Kiefernvorkommen sicher häufiger, ich selbst konnte die Art aber zuvor noch nie beobachten.
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Ganoderma (cf.) lucidum
noch 'n Perser... während G. carnosum bei uns recht regelmäßig anzutreffen ist, konnte ich G. lucidum bisher noch nie (am natürlichen Standort) beobachten. Näher angesehen hab ich mir den stinkenden Gammler nicht, aber für G. carnosum waren mir die Rottöne zu stark ausgeprägt und weiters kommen an dem Standort weder Larix noch Abies als Substrat in Frage. Einige Meter vom Fundort entfernt waren noch die Überreste einer alten Eiche zu finden, vermutlich ist er also aus einer der Wurzeln gewachsen.
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Liebe Grüße

Re: NSG Planwiesn - Porlinge und Corticiaceae

#15
Grüß euch,

vorgestern gab es wieder ein paar nette Funde beim Altbäume freischneiden...

Phellinus chrysoloma
auf den wirklich alten Fichten immer wieder mal anzutreffen, ausnahmslos an abgestorbenen Ästen im Luftraum
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Ceriporia camaresiana
Substrat: Fagus, finalfaul
Schnallen -
Cystiden -
Spp.: IKI-, glatt, allantoid, 4,75-6,25x 2,25-3µm
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"winzigkleine" Zunderschwämme an Buchen-Schwachholz ;)
solches Totholz lässt das Mykologenherz Saltos schlagen, allerdings momentan noch etwas zu frisch für interessante Funde
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eine der alten Eichen, die wir hoffentlich noch retten konnten
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Liebe Grüße