Exkursion Hebalmgebiet 23.6.2018

#1
Ein paar Bilder von unserer gestrigen Exkursion im Hebalmgebiet. Ziel war das See-Eben-Moor an der steirisch-kärntnerischen Grenze, da ich dort im Randbereich nach Rhododendron-Pilzen schauen wollte. Die gezeigten Arten stammen alle vom Rand bzw. der Böschung einer Forststraße, die zum Moor und zur Stoffhütte führt, mit Ausnahme der letzten Art. Also alles sehr bequeme Pilzfunde. :-)
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Der erste Pilz wuchs an der Wegböschung unter Fichten. Ich hab ihn als Rhodocybe parilis bestimmt:
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Das Bestimmen von Tellerlingen ist ja oft kein leichtes Unterfangen. Hier dürfte R. parilis ganz gut hinkommen, da die Sporen rundlich sind, Zystiden anscheinend fehlen und die Fruchtkörper weder schwärzen noch nach Mehl riechen.

Überraschend war dann ein Massenaufkommen mit hunderten Fruchtkörpern von Helvella silvicola. In Gebirgsnadelwäldern, besonders gerne an Forststraßenrändern und -böschungen, so wie hier, ist die Art ja nicht selten aber so viele Fruchtkörper auf einmal hab ich noch nie gesehen. Die abgebildeten Exemplare sind natürlich nur ein Bruchteil des Gesamtaufkommens.
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Eine weitere charakteristische Art für Forststraßenränder in montanen Fichtenwäldern ist Helvella confusa. Wie der Name schon andeutet, wird sie oft nicht richtig erkannt. So zeigt z. B. auch Abb. 27 in Pilze der Schweiz (als "Paxina leucomelas") höchstwahrscheinlich H. confusa. Im Bereich der Koralm ist sie häufig anzutreffen. Gestern gab es auf der ganzen Strecke immer wieder zahlreiche Vorkommen mit allen möglichen Farben und Formen. Eine relativ typische Kollektion ist diese hier:
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Typisch für schottrige Standorte, und dort auch oft sehr zahlreich erscheinend, ist Thelephora caryophyllea:
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Thelephora terrestris hat im Vergleich unregelmäßigere und größere Fruchtkörper:
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Direkt am Straßenrand unter Picea wuchs eine weitere Lorchel: Helvella solitaria. Sie kann man anhand der dunkel- bis schwarzbraunen, oft seitlich eingedrückten Fruchtkörper mit weißlichem und geripptem Stiel erkennen.
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An einer etwas verwachseneren Stelle standen verschiedene Arten kreuz und quer, die erste ist optisch ansprechend aber geruchsmäßig weniger reizvoll: Inocybe appendiculata.
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Deutlich unauffälliger aber auch sehr hübsch: Geopora tenuis. Davon gibt's erst zwei ältere Nachweise in der Ö-Datenbank.
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Neben weiteren Risspilzen gab's an dieser Stelle noch Trichophaea pseudogregaria, Geopyxis sp. (die nehme ich gar nicht mehr mit – kann man morphologisch kaum bestimmen...) und wiederum reichlich H. confusa.

Abschließend dann noch einer direkt aus dem See-Eben-Moor. Schon ziemlich spät im Jahr für diese Art aber die Fruchtkörper waren auch schon entsprechend "vollreif". Die Rede ist von Pseudoplectania epishagnum.
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Schöne Grüße
Gernot

Re: Exkursion Hebalmgebiet 23.6.2018

#2
Servus Gernot,

mal wieder tolle Funde - stark! Die Psuedoplectania episphagnum habe ich schon sehr lange nicht mehr gesehen. Bei uns ist die extrem selten (ich kenne nur zwei Wuchsorte in Bayern).

Die Wynnea silvicola ist wieder bei Helvella gelandet? Die wurde ja früher immer wieder hin und her geschmissen. Bei uns in den Kalkalpen kommt die immer wieder vor (z.B. am Isaroberlauf bei Vorderriss - unweit der österreichischen Grenze).

Und zur Helvella confusa habe ich auch noch eine Frage - wie genau trennst du sie (abgesehen von der Genetik) von Helvella oblongispora ab? Und wie stehst du dazu, dass sie von manchen Autoren nur als Synonym von Helvella leucomelaena angesehen wird (z. B. den Mexikanern)?

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Re: Exkursion Hebalmgebiet 23.6.2018

#3
Servus, Christoph,

danke für die Rückmeldung. :)
Christoph hat geschrieben:mal wieder tolle Funde - stark! Die Psuedoplectania episphagnum habe ich schon sehr lange nicht mehr gesehen. Bei uns ist die extrem selten (ich kenne nur zwei Wuchsorte in Bayern).
Ich hab im vergangenen Jahr erstmals gezielt nach dieser Art gesucht, mittlerweile habe wir sie in vier Mooren in Kärnten und der Steiermark gefunden. Eine Beschreibung und weitere Informationen zu den ersten beiden Funden aus dem Jahr 2017 gibt es hier. Meiner Erfahrung nach ist P. episphagnum also nicht ganz so selten, wie man anhand der wenigen bisherigen sicheren Fundmeldungen bei uns denken könnte. Aber wer macht sich schon im Mai/Juni auf die Suche nach schwarzen Becherlingen in Mooren? Andererseits haben wir auch einige Moorbereiche erfolglos abgesucht, ich würde sie also keineswegs als häufig bezeichnen.
Die Wynnea silvicola ist wieder bei Helvella gelandet? Die wurde ja früher immer wieder hin und her geschmissen. Bei uns in den Kalkalpen kommt die immer wieder vor (z.B. am Isaroberlauf bei Vorderriss - unweit der österreichischen Grenze).
Ein guter Hinweis, danke. Mit der Nomenklatur hielt ich mich an Skrede et al. (2017), dort ist die Art eben als H. silvicola enthalten. Sie steht aber sehr isoliert im Stammbaum und die Autoren schreiben auch: "Wynnella occupies an isolated position outside the rest of the helvellas in our phylogenetic trees, which may support its generic status within the Helvellaceae.". Es ist also durchaus möglich, dass sie bald wieder in Wynnella steht. Sie findet einfach keine Ruhe. :)
Und zur Helvella confusa habe ich auch noch eine Frage - wie genau trennst du sie (abgesehen von der Genetik) von Helvella oblongispora ab? Und wie stehst du dazu, dass sie von manchen Autoren nur als Synonym von Helvella leucomelaena angesehen wird (z. B. den Mexikanern)?
Ja, das alte Problem… Ich versuche die Arten tendenziell so zu trennen: H. confusa mit eher kleinen, deutlich schüsselförmigen, auch bei Reife wenig ausgebreiteten Fruchtkörpern, Hymenium dunkel, braun bis graubraun, Aussenseite zumindest im oberen Bereich ebenso gefärbt, Stiel kurz, Rippen am unteren Becherrand relativ abrupt endend; H. oblongispora im Alter mit deutlicher ausgebreiteten, teilweise unregelmäßig geformten Fruchtkörpern, Hymenium beige, milchkaffeefarben bis graubraun, Aussenseite oft heller als das Hymenium, bis fast weißlich (auch im oberen Bereich), Stiel etwas länger und mit deutlicheren Rippen, die den Becherrand ein kleines Stück hinauflaufen können.

Ich glaube, diese Interpretation deckt sich ganz gut mit Harmaja (1979; mit Merkmalstabelle der relevanten Arten) bzw. nachfolgend Harmaja (1982; mit Schwarz-Weiß-Foto) und Häffner (1987). Schön dargestellt sind die Arten auch in Van Vooren (2014), in seinem Heft über die Pezizales der Rhône-Alpes.

Etwas Erfahrung fehlt mit noch mit den Mikromerkmalen (insbesondere Sporenform) dieser Arten. Ich erinnere mich an einen Fund von H. oblongispora bei der Dreiländertagung in Tamsweg, von dem uns Till Lohmeyer die typisch verlängerten Sporen in seinem Mikroskop zeigte. Eine Kollektion aus dem vergangenen Monat mit ähnlich geformten Sporen hab ich auch als H. oblongispora bestimmt. Ich muss aber noch weitere Aufsammlungen beider Arten mikroskopieren, um die Variabilität der Sporenform besser abschätzen zu können.

Zum weiteren Vergleich zeige ich hier noch ein früheres Foto von H. confusa (m. M. n), das ebenfalls aus dem Koralmgebiet stammt (wie auch die hier vorgestellten Pilze):
2014-05-30-Weinebene-Höllgraben-084.jpg
Und hier zwei Fotos einer Kollektion von H. oblongispora (wieder m. M. n.) aus dem Teichalmgebiet:
2010-06-28-Teichalm-027.jpg
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Es kann natürlich gut sein, dass ich mit meiner Interpretation dieser Arten daneben liege. Es haben sich ja nicht umsonst schon zahlreiche Mykologen den Kopf über diese Gruppe zerbrochen. :?

Helvella leucomelaena, zumindest als die Art unter Pinus mit oft sehr kurz gestielten Fruchtkörpern, würde ich schon für etwas Eigenes halten. Übrigens haben Skrede et al. (2017) dieses Taxon epitypisiert. Leider gibt es zum Epitypus keine genaueren Angaben über die Begleitbäume als "along sandy road in coniferous wood", aber man darf wohl davon ausgehen, dass in dem sandigen Nadelwald auch Kiefern standen…

Schöne Grüße
Gernot

Re: Exkursion Hebalmgebiet 23.6.2018

#4
Als Nachtrag noch ein paar Fotos von der bereits erwähnten Trichophaea pseudogregaria.
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Besonders gefreut hab ich mich übrigens über die folgende Art. Sie ist der Grund, warum ich in letzter Zeit immer wieder Rhododendron-Äste abgesucht habe: Triblidium carestiae.
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Schöne Grüße
Gernot

Re: Exkursion Hebalmgebiet 23.6.2018

#5
Servus Gernot,

Skrede et al. (2017) hatte ich noch gar nicht auf dem Schirm - super, besten Dank! Und da ist (endlich) auch Helvella confusa als eigenständig aufgedröselt worden (die Maxikaner kennen die Art ja nicht aus eigener Anschauung, hatten sie aber dennoch mit H. leucomelaena synonymisiert).

Ich hatte nachgefragt, weil ich einen Fund aus Bayern von Helvella oblongispora am aufarbeiten bin. (bzw. in den Sommerferien da weiter aktiv werde)

Liebe Grüße,
Christoph
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