Exkursion Modriach 30.05.2020

#1
Liebe Pilzfreunde,

unsere Exkursion am vergangenen Samstag war doch recht erfolgreich, weshalb ich ein paar Fotos zeigen möchte. Hier nicht zu sehen aber durchaus erwähnenswert waren z. B. massenhafte Vorkommen von Helvella confusa und Helvella silvicola.
Unser erstes Ziel war ein Fichten-Tannen-Wald, in dem interessanterweise schon seit längerer Zeit größere Mengen Mist in Form relativ kleiner, weit verstreuter Haufen abgelagert werden. Dadurch trifft man auf Mist in allen Altersstadien mit entsprechender Funga. Ziemlich allgegenwärtig waren z. B.:

Coprinopsis cinerea
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Peziza vesiculosa
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Nicht auf Mist wuchs hingegen ein leuchtend gelber Becherling, bei dem im Feld schon die Vermutung auf eine Sowerbyella nahe lag. Das Mikroskop hat es bestätigt – für mich der Fund des Tages:

Sowerbyella imperialis
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Drei weitere Becherlinge auf Mist habe ich mitgenommen:

Cheilymenia theleboloides
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Cheilymenia rubra
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Pseudombrophila merdaria
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Rund um einen Haufen wuchs:

Paralepista gilva
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Auf einem sehr alten und bereits komplett überwachsenen Misthaufen standen kleine Braunsporer, bei denen die Vermutung im Feld bereits auf der folgenden Art lag – wenn man sie schon einmal gefunden und sich bei der Bestimmung den Kopf zerbrochen hat, kann man sie ohne Mikroskop durchaus wiedererkennen:

Psilocybe medullosa
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Noch ein Tintling, nur auf einem Haufen gefunden:

Coprinellus bisporus
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Nun ein schwieriger Fall, gefunden mitten auf einem Forstweg an feuchter Stelle zwischen diversen Moosen (auch Sphagnum). Im Feld hätte ich nicht an einen Trichterling gedacht, letztendlich bin ich aber bei einem solchen gelandet:

Clitocybe foetens
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Ebenfalls am Forstweg zwischen Moosen:

Hypholoma polytrichi
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Und schließlich noch einer von sandiger Erde in Bachnähe:

Deconica (cf.) xeroderma
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Schöne Grüße
Gernot

Re: Exkursion Modriach 30.05.2020

#2
In einem zweiten Beitrag möchte ich noch ein paar der oben gezeigten Pilze näher diskutieren, da nicht alle Bestimmungen problemlos waren.

Sowerbyella imperialis: Aufgrund der Sporengröße (bis 14,5(15) x 7 µm) und des feinwarzigen Ornaments kommt man zu S. imperialis, wobei diese Art in Bezug auf das Sporenornament in der Literatur doch recht unterschiedlich dargestellt ist. Bei unserem Fund sind die Sporen sehr schwach rau, auch in BWB – das Ornament besteht aus feinen, hauptsächlich isolierten, nur selten etwas anastomosierenden, z. T. perlschnurartig angeordnete Warzen. Am deutlichsten rau erscheinen die Sporen eigentlich in Lugol. Die Paraphysen sind kaum kopfig erweitert und bis 4,5(5) µm breit, die Haarhyphen der Aussenseite sind eher dünnwandig. Am besten passt die Aufsammlung zu den Beschreibungen von Svrček (1969; als S. unicolor) und Estadès et al. (2002). Interessant finde ich den Hinweis Svrčeks, dass die Sporen bei seinem Material in BWB fast glatt erscheinen. Estadès et al. (2002) diskutieren ebenfalls die unterschiedlichen Darstellungen in der Literatur (z. B. das als deutlicher anastomosierend dargestellte Ornament bei Moravec).

Cheilymenia rubra: Schwierig finde ich die Abgrenzung zu C. dennisii. Aufgrund der Größe der Sporen, die fast nie 20 µm Länge bzw. 12 µm Breite erreichen, habe ich mich für C. rubra entschieden. In BWB sieht man die sehr feinen, unregelmäßigen Warzen der Sporen, die von einer dicken Schleimhülle umgeben sind; die Haare sind braun, spitz, bis ca. 450 µm lang, die Basis ist einfach bis bifurkat.

Pseudombrophila merdaria: Auch hier gibt es eine weitere Art, deren Abgrenzung mir sehr schwierig erscheint, nämlich P. porcina (siehe van Brummelen). Im vorliegenden Material sind die Sporen in BWB zumindest in meinem LM komplett glatt, dafür erscheinen die Enden z. T. etwas verdickt oder so, als ob Auflagerungen vorhanden wären – dies würde beides für P. porcina sprechen. Der Q liegt bei ca. 1,6–1,7, also zwischen diesen Arten. Auch sind die Paraphysen apikal unverdickt (< 2 µm breit), was ebenfalls für P. porcina sprechen würde. Nun gibt es aber die Darstellungen von P. merdaria in Van Vooren (2017) sowie Breitenbach (1979) (als P. deerata) mit ebenfalls glatten Sporen (von einer sehr schwachen Querstreifung bei Breitenbach abgesehen), unverdickten Paraphysen sowie bei Breitenbach sogar mit der apikalen Verdickung der Sporenwand (der Breitenbach-Artikel wird von van Brummelen bei P. merdaria zitiert!). Letztendlich habe ich mich also für diese anscheinend recht variable Art entschieden.

Clitocybe foetens: Der Geruch war unangenehm ranzig-käsig, schwer zu definieren, nicht wirklich mehlartig. Die Sporenlänge von bis zu 8 µm ist nach mancher Lit. noch im Rahmen. Die Basidien sind viersporig, mit Schnallen, Zystiden habe ich keine gesehen, die HDS-Hyphen sind teilweise inkrustiert. Passt also m. E. soweit ganz gut zu C. foetens. Etwas anderes fällt mir dazu nicht ein.

Deconica xeroderma: Die Kollektion zeigt auffällige Übereinstimmungen mit drei Aufsammlungen, die ich vor einigen Jahren im Hollersbachtal (Salzburg) gemacht habe. Diese konnte ich keiner Deconica-Art mit Sicherheit zuordnen, weshalb ich sie damals an A. Hausknecht geschickt habe. Er hat sie als Deconica xeroderma bestimmt und die Belege auch in Hausknecht & Krisai-Greilhuber (2013) zitiert. Damals waren vor allem die relativ großen und vielgestaltigen Cheilozystiden (teilweise mit Auswüchsen) auffällig. So ähnlich sehen die Zystiden der aktuellen Kollektion auch wieder aus, dazu wieder diese bräunlichen (ohne Violett-Ton), dickwandigen, kleinen (< 7 x 4 µm) Sporen mit deutlichem Keimporus. Vergleichsfotos aus dem Hollersbachtal hänge ich an.
Von der Originalbeschreibung von Psilocybe xeroderma (Huijsman 1961) weichen meine Aufsammlungen aber m. E. durch die schmäleren (kaum abgeflachten) Sporen und die längeren sowie anders geformten Cheilozystiden ab.
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Wie immer sind eure Kommentare natürlich herzlich willkommen.

Schöne Grüße
Gernot

Re: Exkursion Modriach 30.05.2020

#3
Lieber Gernot,
tolle Ausbeute eurer Exkursion und danke fürs Einstellen. Meine Technikerin konnte ich erfreulicherweise um ein Jahr verlängern und das Labor läuft nach dem shutdown seit einer Woche wieder. Bitte schick mir daher die Problemfälle zum Sequenzieren, auch andere, wenn du noch was auf Lager hast.
LG
Irmgard
cron