Hericium flagellum, Cortinarius praestans

#1
Hallo allerseits,

Nachdem Ich heute endlich mal Zeit hatte mich wieder in den Wald aufzumachen nutze ich gleich die Gelegenheit euch teilhaben zu lassen an einigen schönen Funden aus unseren lokalen Tannen-Buchen-Wäldern

Gleich neben dem Parkplatz, 20cm in einem Spechtloch in einer alten Tanne, könnte ich einen kleinen, aber schönen Fruchtkörper von Hericium flagellum finden.
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Schon wenige Meter weiter waren unter hunderten Fruchtkörpern von Lactarius salmonicolor auch einige zu finden an denen Hypomyces lateritius parasitiert
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Besonders gefreut haben mich allerdings über die ersten Schleiereulen die sich in dieser Saison gezeigt haben. Sind zwar aktuell noch eher Einzelfruchtkörper und Kleingruppen, in Kürze sollten aber dann auch zahlreichere
Funde zu verbuchen sein.
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Lg Florian
Zuletzt geändert von Florian am 09.10.2018, 10:36, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Hericium flagellum, Cortinarius praestans

#2
Lieber Florian,
willkommen im Forum! Fein, dass Du uns deine Funde aus den Kalkalpen zeigst. In OÖ. gibt es noch naturnahe Wälder, da findet man dann auch Hericium flagellum und die Schleiereule. Beide kenne ich auch aus dem Osten. Heuer konnte ich den Studierenden auch Reizker mit dem Hypomyces drauf zeigen, erinnern mich an die amerikanischen Steinreizker, die ja für Speisezwecke heiß begehrt sind.
Super wäre es, wenn wir noch eine genauere Fundangabe bekämen, damit wir deine Funde für die Kartierung verwenden können.
Freue mich schon auf viele weitere interessante Funde von Dir!
Liebe Grüße,
Irmgard

Re: Hericium flagellum, Cortinarius praestans

#3
Grüß dich Irmgard,

Leider bleibt mir im Moment nur sehr wenig Zeit, bei uns lassen sich gerade an jeder Ecke interessante Funde machen.

Die oben gezeigten Pilze sind alle aus einem kleinen Waldstück in Oberschlierbach, Quellgebiet Scheidelbach
Tannen-Buchenwald auf Flysch, eingestreut auch Picea, Populus tremula, Fraxinus
8.10.2018

Welche Arten sind es eigentlich genau die an der Entstehung der amerikanischen Steinreizker beteiligt sind? H. lactifluorum als Parasit, aber welche Spezies genau befallen und dann auch für speisezwecke gesammelt werden würde mich interessieren. Vielleicht hast du hierzu ja noch weitere Infos?

Heute sind mir im Garten auch noch einige schöne Fruchtkörper von Ischnoderma resinosum aufgefallen.
Molln, Ortsgebiet, Hafnerstraße
Fagus, gefällt 2014
9.10.2018
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Lg Florian

Re: Hericium flagellum, Cortinarius praestans

#4
Lieber Florian,
danke für die genauen Fundorte. Und fein, dass du in deinem Garten jetzt auch Ischnoderma resinosum hast.
Zum Lobster mushroom gibt es rezente Literatur. Die Wirtsarten für Hypomyces lactifluorum sind Russula brevipes und Lactarius piperatus. Die DNA-Verhältnisse und das Metabolitenprofil verändern sich durch den Parasiten. Auch wird er bekömmlicher als der nicht-parasitierte Wirt. Ich habe ihn selbst schon gegessen und durchaus als wohlschmeckend empfunden.

Ich fasse mal den Abstract der Publikation zusammen:

Genevieve Laperriere, Isabel Desgagné-Penix, Hugo Germain, 2018: DNA distribution pattern and metabolite profile of wild edible lobster mushroom (Hypomyces lactifluorum/Russula brevipes). Genome, 2018, 61(5): 329-336, https://doi.org/10.1139/gen-2017-0168

Der Hummer-Pilz ist ein wildwachsender essbarer Pilz mit potenziellem kommerziellem Wert. Er ist das Ergebnis der am häufigsten durch Hypomyces lactifluorum befallenen Russula brevipes. PCR Studien wurden an Geweben verschiedener Infektionsstadien gemacht, um die R. brevipes - H. lactifluorum - Wechselwirkung zu untersuchen. Parallel dazu wurde eine Inhaltsstoffanalyse durchgeführt, um Unterschiede im Metabolitenprofil zwischen nicht-infizierten R. brevipes-Fruchtkörpern und Hummer-Pilzen nachzuweisen. Die H. lactifluorum-DNA ist nicht auf den Fruchtkörperrand beschränkt, sondern relativ gleichmäßig über den ganzen Fruchtkörper des Hummer-Pilzes verteilt. Die DNA von Russula brevipes war auch im gesamten Fruchtkörper vorhanden, war jedoch an den Rändern weniger häufig und nahm nach innen zu und insgesamt nahm sie mit fortschreitender Infektion ab. Das Fleisch des Hummer-Pilzes verändert sein Metabolitprofil, vor allem bei Lipiden und Terpenverbindungen. Das zeigt eine parasitäre Beziehung zwischen den beiden Arten, die eine Abnahme der R. brevipes-DNA und eine Veränderung ihres Metabolitenprofils zur Folge hat.

Klingt spannend. Liebe Grüße,
Irmgard

Re: Hericium flagellum, Cortinarius praestans

#10
Grüß euch,

Erst mal zu C. praestans, der bei uns eigentlich nicht wirklich als Seltenheit zu bezeichnen ist. Bei uns waren die dieses Jahr eigentlich nur recht wenige Fruchtkörper zu finden, auch an den mir bekannten Fundstellen.
Ich finde die Art häufig in der Umgebung von alten Rotbuchen, meist in Südhängen und nur auf Kalk. Wenn das Habitat passt sind nach meiner Erfahrung auch große Gruppen von 50 und mehr Fruchtkörpern keine Seltenheit.

Die größte mir untergekommene Gruppe habe ich letztes Jahr in einer meiner Schafweiden gefunden mit geschätzt 150-200 Fk, heuer habe ich dort wegen der anhaltenden Trockenheit noch nicht eine Schleiereule gesehen.

Bei Ischnoderma geht es mir ähnlich wie Irmgard, resinosum finde ich regelmäßig an Buchenstarkholz, benzoinum ist mir in unserer Region erst zweimal untergekommen.
Das gezeigte Bild ist eine Zitronenseitlingskultur auf der I. resinosum als Fremdpilz wächst, allerdings stehend gelagert wie du richtig erkannt hast.

Lg Florian

Re: Hericium flagellum, Cortinarius praestans

#11
Servus Florian,

auch bei mir (Bayern / Süddeutschland) ist Ischnoderma resinosum mittlerweile relativ häufig geworden. Früher war diese schöne Art auch hier sehr selten, aber offenbar fühlt sie sich mittlerweile wohl und wird immer häufiger.

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)