März- und April-Pilze

#1
Hallo,

nach zwei Monaten Pause möchte ich doch noch eine kleine Auswahl aus dem Frühjahr zeigen, wenngleich sich die Zahl der Nicht-Holzbewohner leider (für alle, die gerne mal etwas anderes sehen würden) sehr in Grenzen hielt. Man darf gespannt sein, was der Mai so zu bieten haben wird...

März

Basidiodendron eyrei: Die Gattung der "Bäumchenbasidien" (Basidiodendron) ist mikroskopisch gut festgelegt durch die gespaltenen Basidien, die sich, nachdem sie in Folge des Sporenabwurfes kollabiert sind, aus den alten Basidien neu entwickeln, wodurch ein "Basidienbaum" entsteht. Im mikroskopischen Präparat fallen auch die mit gelblichem Inhalt gefüllten Gloeozystiden auf. Basidiodendron eyrei hat ± globose, glatte Sporen und wächst auf Laubholz, in diesem Fall auf Quercus-Ast. Hier gibt es ein schönes Porträt von Stefan Blaser: https://stefanblaser.ch/basidiodendron-eyrei/.
Basidiodendron_eyrei.jpg
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Crustomyces subabruptus: Eine ähnliche Art – Crustomyces heteromorphus – soll sich durch etwas größere Sporen und das Fehlen von Dendrohyphidien unterscheiden. Nun passen eigentlich bei allen der hier gezeigten Kollektionen die Sporengrößen besser zu C. heteromorphus oder liegen dazwischen, es waren aber auch überall Dendrohyphidien zu beobachten (deshalb die Bestimmungen als C. subabruptus). Der Abgrenzung dieser Taxa sollte mal genauer nachgegangen werden... Foto oben auf Fagus-Stamm, Fotos zwei und drei auf Tilia-Ast, Foto unten auf Salix-Stamm.
Crustomyces_subabruptus.jpg
Crustomyces_subabruptus1.jpg
Crustomyces_subabruptus2.jpg
Crustomyces_subabruptus3.jpg
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Galzinia incrustans: Habe ich schon einmal gezeigt, diesmal auf Fagus-Ast.
Galzinia_incrustans.jpg
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Hymenochaete sp.: Eine noch unbeschriebene Art aus der H.-cinnamomea-Gruppe (det. V. Spirin). Auf Laubholzstrunk, vermutlich Alnus glutinosa.
Hymenochaete.jpg
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Hyphodontia pallidula: Ein altes Exemplar auf stark vermorschtem Holzstrunk. Mikroskopische Illustrationen gibt es wieder einmal in der MycoBank.
Hyphodontia_pallidula.jpg
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Junghuhnia nitida: Unerwarteter Nachweis, da ich J. nitida bislang nur von liegendem Substrat kannte, hier wuchs die Art über dem Erdboden auf Salix, und auch makroskopisch ist sie nicht ganz typisch (möglicherweise aufgrund der Ökologie). Mikroskopisch gibt es wohl keine Alternative.
Junghuhnia_nitida.jpg
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Lachnum impudicum: Häufiger Laubholzbewohner, gerne auf Fagus, wie auch hier. Die Bestimmung der weißen Lachnum-Arten geht natürlich nur mit dem Mikroskop.
Lachnum_impudicum.jpg
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Mycena tintinnabulum: Variabler Pilz, durch die kleinen Sporen im Zweifelsfall aber gut festgelegt.
Mycena_tintinnabulum.jpg
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Phlebia mellea (= P. centrifuga) und Phellopilus nigrolimitatus: Hier haben sich zwei seltene Arten getroffen, die man hauptsächlich an dickem, stärker vermorschtem und (luft)feucht liegendem Nadelholz antreffen kann (bevorzugt Picea, so wie hier).
Phlebia_mellea.jpg
Phlebia_mellea1.jpg
Phellopilus_Phlebia.jpg
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Skvortzovia furfuracea (= Resinicium furfuraceum): Kannte ich bislang nur mit dickeren Fruchtkörpern. Die Zugehörigkeit zur Gattung Resinicium ist nicht gerade offensichtlich, wenn man mit der Typusart Resinicium bicolor vergleicht – so verwundert es nicht, dass R. furfuraceum 2018 in eine andere Gattung (Skvortzovia) gestellt wurde. Bei der Bestimmung muss man auf die etwas unscheinbaren, kopfigen Zystiden mit lichtbrechender Kappe (die aber auch fehlen kann) achten (mikroskopische Zeichnung). Gesammelt auf Picea-Holzstück.
Resinicium_furfuraceum.jpg
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Steccherinum fimbriatum: Da gibt es nicht viel zu sagen – eine häufige und, wie ich finde, auch sehr hübsche Art.
Steccherinum_fimbriatum.jpg
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Trechispora microspora: Besonders auffällig sind die vielen nadelförmigen Kristalle im Hymenium (Zeichnung). Die Sporen sind klein (< 4 µm) und haben z. T. relativ lange Stacheln. Liegender Laubholz-Ast.
Trechispora_microspora.jpg
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Tubulicrinis accedens: Makroskopisch unscheinbar, im Mikroskop aber wunderbar anzusehen (Zeichnung). Ähnlich ist T. thermometrus, da sollten die Sporen aber etwas rundlicher sein. Auf Picea-Holzstück.
Tubulicrinis_accedens.jpg
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Re: März- und April-Pilze

#2
April

Antrodia serpens: Durch die riesigen Poren ganz gut zu erkennen, ich schaue mir zur Sicherheit aber trotzdem immer noch die mikroskopischen Merkmale an. Man findet diese Art häufig an Laubholzästen, die noch nicht allzu lange am Boden liegen (hier Fagus).
Antrodia_serpens.jpg
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Arachnopeziza aurelia: Endlich wieder was Farbenfrohes, werden sich manche vielleicht denken... Habe mich jedenfalls auch über diesen Becherling gefreut. Die dreifach septierten Sporen mit apikalen Hüllen sehen übrigens ebenfalls interessant aus. Substrat war ein Fagus-Ast.
Arachnopeziza_aurelia.jpg
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Basidiodendron caesiocinereum: Siehe den vorherigen Beitrag für eine kurze Erläuterung der Gattungsmerkmale. Die rauen bis feinstacheligen Sporen und das Vorkommen auf Nadelholz charakterisieren diese häufige Art (Substrat: liegendes Nadelholz-Stück).
Basidiodendron_caesiocinereum.jpg
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Botryobasidium conspersum: Gezeigt ist hier die Anamorphe, die früher als Haplotrichum conspersum bezeichnet wurde. Ein schönes Porträt gibt es hier. Liegender Nadelholz-Stamm.
Botryobasidium_conspersum.jpg
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Dendrodochium citrinum: Winzige gelbe, fast-aber-nicht-ganz becherlingsförmige Punkte, die sich etwas verschmieren lassen, auf Nadelholz – da kann man sich das Mikroskopieren fast schon sparen, schaden kann es aber zur Absicherung natürlich nie. Auch hier kann ich wieder verlinken. Pinus-sylvestris-Ast.
Dendrodochium_citrinum.jpg
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Myxarium varium: Die Gattung Myxarium wurde mittlerweile grundlegend überarbeitet und ist im Zuge dessen artenreicher geworden. Wer sich näher damit beschäftigen möchte, dem sei insbesondere dieser Artikel ans Herz gelegt: https://www.researchgate.net/publicatio ... te_basidia (mit Schlüssel basierend auf morphologischen Merkmalen). Der gezeigte Fund wuchs auf einem Fagus-Ast.
Myxarium_varium.jpg
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Phanerochaete livescens: Eine Art aus der Phanerochaete-sordida-Gruppe, innerhalb derer sie durch eher spitze und stark inkrustierte Zystiden festgelegt ist. Auf Fraxinus-Ast.
Phanerochaete_livescens.jpg
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Phlebia livida: Habe ich auch schon einmal gezeigt. Hier auf Nadelholz-Stamm (Picea oder Abies).
Phlebia_livida.jpg
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Protomerulius dubius: Mal wieder so ein Fall, wo erst das Mikroskop die wahre Schönheit des Pilzes offenbart. Die riesigen, dickwandigen Zystiden legen diese Art, in Kombination mit den geteilten Basidien, gut fest. Hier findet sich eine schöne Darstellung: https://www.aphyllo.net/spec.php?id=529400. Gefunden auf Fraxinus- oder Ulmus-Ast.
Protomerulius_dubius.jpg
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Sistotrema brinkmannii: Nichts Neues aber wieder einmal mehrfach gesammelt, deshalb zeige ich zumindest ein Foto davon. Auf Fraxinus-Ast (Hallimasch-Rhizomorphen überwachsend).
Sistotrema_brinkmannii.jpg
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Strobilurus esculentus: Hell- bzw. weißhütige Exemplare dieser Art sind ja nichts Neues, allerdings ist aus Österreich auch S. albipilatus gemeldet und per DNA bestätigt, was die Sache komplizierter macht. Ich weiß nicht, ob bzw. wie sich diese Taxa morphologisch trennen lassen.
Strobilurus_esculentus.jpg
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Tulasnella pallida: Ein Doppelgänger von T. violea, jedoch deutlich seltener und anhand der etwas fusiformen Sporen leicht zu trennen. Liegender Pinus-sylvestris-Ast.
Tulasnella_pallida.jpg
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Verpa digitaliformis: Zum Abschluss noch eine etwas zwergige Verpel...
Verpa_digitalisformis.jpg
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Schöne Grüße
Gernot

Re: März- und April-Pilze

#3
Gernot hat geschrieben:
06.05.2021, 18:30
Strobilurus esculentus: Hell- bzw. weißhütige Exemplare dieser Art sind ja nichts Neues, allerdings ist aus Österreich auch S. albipilatus gemeldet und per DNA bestätigt, was die Sache komplizierter macht. Ich weiß nicht, ob bzw. wie sich diese Taxa morphologisch trennen lassen.Strobilurus_esculentus.jpg
Lieber Gernot,

oh, das ist ja spannend! Meinem Kenntnisstand nach wächst Strobilurus albipilatus aber nicht auf Fichtenzapfen, sondern an Nadelholz (nach ells & Kempton) und an vergabenen Kiefernzapfen (nach Peck). Weißt du was von der Österr. Meldung? Ist der auch an Holz gewesen oder an Zapfen?
Die spitz endenden Caulocystiden (wie bei Str. tenacellus) und die eher auf Str. esculentus passenden Hymenialcystiden in Kombination sollten eine Bestimmung aber auch klassisch ermöglichen. Ich habe das aber auch nur aus der Literatur und nicht aus eigener Anschauung. Der Hut ist bei Str. albipilatus von weiß bis braun wie bei Strobilurus esculentus... Das scheint kein Hinwies auf eine der beiden Arten zu sein.

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Re: März- und April-Pilze

#4
Liebe FungAT-ler,
Wir haben zwei Belege, die als S. albipilatus bestimmt und sequenziert wurden, beide von Zapfen. Die Sequenz des einen Belegs hat Alexander Urban generiert. Sie liegt mir nicht vor. Wir haben den zweiten sequenziert, auch da kommt S. albipilatus heraus, allerdings mit vier Basen Abweichung von der nächst liegenden Sequenz. Wie so oft bei der DNA bedeutet das, man muss mehr in die Materie eindringen, also weltweit phylogenetische Bäume rechnen, vielleicht ist der in Europa als S. albipilatus bestimmte noch ein weiteres Taxon. Und natürlich ist auch die Morphologie genau festzuhalten, oft findet man dann "im Nachhinein" passende Abweichungen.

LG
Irmgard

Re: März- und April-Pilze

#5
Liebe Irmgard,

das klingt ja spannend. Dann hoffe ich mal, dass daraus ein kleines paper wird, damit bekannt wird, dass wir einen Zapfenrübling mehr haben. Die sequenzierten Belege müssten ja "nur mal" durchmikroskopiert werden und anatomisch mit den Beschreibungen aus Nordamerika verglichen werden.
Hell- bzw. weißhütige Exemplare dieser Art sind ja nichts Neues, allerdings ist aus Österreich auch S. albipilatus gemeldet und per DNA bestätigt, was die Sache komplizierter macht. Ich weiß nicht, ob bzw. wie sich diese Taxa morphologisch trennen lassen.
Lieber Gernot,

ich hatte nochmal nachrecherchier (Pons Wörterbuch) - pilatus heißt "mit Wurfspießen bewaffnet" - Pilus ist der Wurfspieß, der Speer. Hätte ich gleich wissen können - wir hatten mal in der Schule Asterix auf Latein gelesen. Und bei Asterix bei den Briten kommt das Wort Pilus bei der Szene, wo ein römischer Soldat mit Streitwagen über einen englischen Rasen fahren will, sehr expliziz vor.

Der Name albipilatus bezieht sich folglich auf die Zystiden, wie weiß (farblos) sind und nicht auf die Hutfarbe. Ist so zwar ein nichtssagender Name, denn die Zystiden sind ja irgendwie bei allen Strobiluri farblos-hyalin... pileatus wäre das mit dem Hut...

Liebe Grüße,
Christoph
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(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Re: März- und April-Pilze

#6
Lieber Christoph,

ah, da macht der kleine Buchstabe "e" natürlich einen gewissen Unterschied – danke für den Hinweis . Jetzt habe ich gerade im Genaust (Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen) nachgeschaut, dort steht Folgendes:
"lat. pileus [...] <Filzkappe, Filzmütze> (verwandt mit lat. pilus <Haar>, gr. pîlos <Filz> und dt. Filz)"
Der Bezug des Epithetons auf die Zystiden ist bei S. albipilatus insofern gegeben (jedoch nur indirekt), als Peck in seiner Originalbeschreibung die weiße Behaarung der Art am Hut, den Lamellenschneiden und dem Stiel hervorhebt (von ihm auch "White-haired Collybia" getauft).

Schöne Grüße
Gernot

Re: März- und April-Pilze

#7
Lieber Gernot,

ah, super - ich hatte nur das Wörterbuch genutzt, aber oft erklären die Autoren ja die Etymologie, die sie im Sinn hatten. Danke für den Link.

An den Caulocystiden sollte man S. ablipilatus wohl erkennen können. Die Hymenialcystiden mit den Knöpfchen am Ende kenne ich so auch von Str. esculentus. Wobei man sich dann ja nicht mehr sicher sein kann, was man da mikroskopiert hat ;-).

Liebe Grüße,
Christoph
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Re: März- und April-Pilze

#8
Hallo aus München,
ich hatte im März 2023 eine Kollektion grauhütiger Fichtenzapfenrüblinge östlich von München am Wegrand eines Fichtenareals gefunden.
Es gab immer näheren Umfeld viele FiZaRü, alle mit den gewöhnlichen braunen Hutfarben. Ich habe die Kollektion dürftig mikroskopiert (bezeichne mich da noch als fortgeschrittenen Anfänger mit einfachem Mikroskop / Olympus CH2). Was mir aufgefallen ist, das die Kaulozystiden > 100 Mikrometer waren. Nach "Pilze der Schweiz" sind sie maximal 50 Mikrometer.
Im Pilzforum.eu habe dazu einen Beitrag erstellt:
https://www.pilzforum.eu/board/thread/6 ... post594674
Und da bekam ich den Hinweis auf diesen thread.
Sind die Kaulozystiden überhaupt bestimmungsrelevant? und ist die graue Hutfarbe nur eine "Laune der Natur"?
Anbei noch zwei Fotos (Fundort und Kaulozystiden, für die Längenmessung bitte mit 2,5 multiplizieren, da 400fache Vergr.)
Schönen Gruß
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